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Weiblich, jung, christlich

Hamburgs CDU will mehr Frauen in den Landesvorstand wählen. Auf dem Parteitag am Sonnabend wird aber auch über ein Kopftuchverbot in Schulen für Mädchen debattiert

Hamburgs CDU

Die CDU in Hamburg hat rund 7.000 Mitglieder, davon etwa 40 Prozent Frauen. Damit ist sie der weiblichste Landesverband der CDU in Deutschland.

Landesvorsitz: Der Parteichef ist mit Roland Heintze ein Mann, das war in Hamburg noch nie anders. Zwei der vier StellvertreterInnen sind Frauen.

Fraktionsvorsitz: Der Fraktionschef in der Bürgerschaft ist mit André Trepoll ein Mann, das war auch nie anders. Eine von zwei StellvertreterInnen ist eine Frau.

Bürgerschaftsabgeordnete: Zwei von 20 sind Frauen.

Bundestagsabgeordnete: Alle vier sind Männer.

Kreisvorstände: Alle sieben Vorsitzende sind Männer.

Von Sven-Michael Veit

Roland Heintze ist ganz begeistert von seiner Partei: „Die CDU in Hamburg wird weiblicher und jünger“, sagt der Landesvorsitzende. Denn auf dem Parteitag der Hanse-Union am kommenden Sonnabend im Bürgerhaus Wilhelmsburg soll ein neuer Landesvorstand gewählt werden, der zur Hälfte aus Frauen besteht. Diesen für CDU-Verhältnisse nahezu revolutionären Vorschlag hat die Konferenz der Vorsitzenden der Kreisverbände und der Parteivereinigungen gemacht –„einstimmig“, freut sich Heintze.

Demnach kandidiert der 45-jährige PR-Berater, seit 2015 Vorsitzender der Hamburger CDU, erneut für diesen Posten. Ein ernsthafter Gegenkandidat ist nicht in Sicht, deshalb wird Heintze vermutlich mit großer Mehrheit als Vorsitzender bestätigt werden. Ähnliches dürfte für seine Stellvertreter Christoph de Vries und Christoph Ploß gelten. Die beiden Bundestagsabgeordneten kandidieren zum zweiten Mal für die Vize-Posten ebenso wie Schatzmeister Peter Wenzel, dessen Wiederwahl gleichfalls als sicher gilt.

Dem geschäftsführenden Landesvorstand sollen indes künftig auch drei Frauen angehören. Als Stellvertreterinnen Heintzes kandidieren die Bezirksabgeordnete Anke Frieling (55) aus Altona und die ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete Natalie Hochheim (43) aus Wandsbek. Die bisherige Partei-Vize Birgit Stöver soll als neue Mitgliederbeauftragte ebenfalls dem dann sechsköpfigen und quotierten Landesvorstand angehören.

„Dieser Posten ist extrem wichtig“, sagt Heintze. Die CDU will und muss versuchen, den Mitgliederschwund und die Überalterung zu stoppen, und dafür sei „eine erfahrene und hochkompetente Frau“ wie Stöver genau die richtige, glaubt der Parteichef. Die 47-Jährige ist Fraktions-Vize in der Bürgerschaft und Vorsitzende des Ortsvereins Harburg-Mitte.

„Mit den beiden neuen Stellvertreterinnen im Vorstand stellen wir Frauen in der CDU uns breiter auf“, sagt denn auch Stöver. „Die Debatten der Vergangenheit haben zu Bewegung in den Köpfen geführt“, resümiert sie zufrieden. Denn lange hat die Partei ihre eigene Satzung ignoriert.

Die sieht vor, dass bei Kandidatenaufstellungen jeder dritte Platz mit einer Frau besetzt werden soll. Weil das aber keine Muss-Bestimmung ist, wurde sie in der Vergangenheit regelmäßig missachtet, zuletzt bei der Kandidatenkür für die Bundestagswahl 2017: Auf den ersten vier Plätzen wurden ausschließlich Männer nominiert, sie nähren sich seitdem im Berliner Reichstag von Diäten (siehe Kasten).

Auch darüber hinaus nimmt sich Hamburgs CDU jetzt der Frauen und Mädchen an. Ein „Kopftuchverbot in Schulen für Mädchen unter 14 Jahren“ fordert die Frauen-Union (FU) in einem Antrag für den Landesparteitag. Es sei „mit einer freiheitlichen Gesellschaft nicht vereinbar, wenn Mädchen schon im Kindesalter ihre (noch gar nicht vorhandene) Weiblichkeit unter einem Schleier verstecken“, so die Begründung der FU-Vorsitzenden Franziska Hoppermann.

Einen Verstoß gegen die grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit sieht darin der Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg. Der FU-Antrag interpretiere das Kopftuch „ausschließlich als Unterdrückungsmerkmal“, so Weinberg, „und verkennt die religiöse Bedeutung für die betroffene Muslimin“, schreibt er in seinem Gegenantrag.

Roland Heintze erwartet eine lebendige Debatte auf dem Parteitag über dieses Thema. Schließlich kümmert sich die Hamburger CDU ja jetzt um alle Aspekte, die was mit Frauen zu tun haben.

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