Kritik an Messengerdienst „WhatsApp“: Kinder und Kontrollverlust

WhatsApp erhöht das Mindestalter für die Nutzung auf 16 Jahre. Eltern werden trotzdem mit der Verantwortung für ihre Kinder alleingelassen.

Zwei Teenager halten Smartphones in den Händen, auf denen sie den Messengerdienst WhatsApp benutzen

Immer online: Eltern können Teenager nicht hinreichend vor Missbrauch im digitalen Raum schützen Foto: dpa

Nachzuvollziehen, wie Kinder und Jugendliche Apps auf ihrem Smartphone nutzen, ist bisher fast unmöglich – sie vor sexuellen Übergriffen zu schützen ist es in der Konsequenz ebenso. Der Messengerdienst WhatsApp setzt nun das Mindestalter für seine NutzerInnen in Europa von 13 auf 16 Jahre herauf. Wenn sie im Mai von der App aufgefordert werden, den neuen Datenschutzbestimmungen zuzustimmen, müssten sie auch bestätigen, dass Sie mindestens 16 Jahre alt seien, teilte WhatsApp am Dienstag mit. Unklar ist allerdings, ob und wie das Alter überprüft werden soll, da WhatsApp diese Daten gar nicht erhebt.

Messengerdienste stehen bereits länger in der Kritik, dass sie Kinder- und Jugendschutzauflagen nicht hinreichend einhalten können. Derzeit ruft auch der Fall der video­basierten App musical.ly Besorgnis hervor, auf der 15-sekündige Playbackclips gedreht und geteilt werden können. Laut Verbraucherschutz locke die App, die weltweit über 200 Millionen „Muser“ hat, besonders junge Mädchen in „eine erschreckende Welt voll offener sexueller Nötigung“.

Viele der geteilten Videos sind tatsächlich alles andere als harmlos: Minderjährige tanzen freizügig vor der Kamera, während Erwachsene sich das Vertrauen der Kinder erschleichen, um sie sexuell auszunutzen. Auch musical.ly schreibt ein Mindestalter von 13 Jahren vor, kontrolliert dieses aber nicht.

Das Netz ist kein rechtsfreier Raum

Die Heraufsetzung des NutzerInnenalters bei WhatsApp verdeutlicht, wie schlecht Betreiber und Gesetzgeber nach wie vor aufgestellt sind, was den Schutz und die Betreuung digitaler Räume angeht. Nach einem Urteil des Amtsgerichtes Bad Hersfeld vom Februar dieses Jahres sind Eltern verpflichtet, regelmäßig mit ihren minderjährigen Kindern über die Verwendung ihres Smartphones zu sprechen.

In der Realität ist das jedoch kaum umsetzbar. Der Geschwindigkeit, mit der ständig neue Apps und Messengerformate entwickelt und für Zielgruppen im Teenageralter vermarktet werden, können Eltern allein nicht begegnen. Der halbherzige Vorstoß von WhatsApp verdeutlicht, dass ohne gezielten politischen Druck seitens der Anbieter keine durchdachten Kontrollmaßnahmen durchgeführt werden. Das Netz ist kein rechtsfreier Raum – und der Schutz von Kindern und Jugendlichen sollte nicht wegen eines Verantwortungsvakuums vertagt werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.