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Antirassistischer Shitstorm beim MDRMeine Fresse, MDR Sachsen

Der MDR kündigte eine Sendung über „Political Correctness“ mit dem N-Wort an. Nach einem Shitstorm wurde die Sendung nun abgesagt.

Fand keinen freundlichen Umgangston: der MDR Foto: dpa

BERLIN taz | Der MDR-Sachsen hatte für Dienstagabend eine ganz aufregende Sendung geplant. Der ursprüngliche Titel: „Darf man heute noch ,Negerʹ sagen? Warum ist politische Korrektheit zur Kampfzone geworden?“ Um sich darüber zu unterhalten, ob Rassismus eigentlich okay ist, waren vier Kartoffeldeutsche (darunter mindestens ein faulig-brauner Erdapfel) geladen. Nach einem Shitstorm strich der MDR die Sendung dem Tagesspiegel zufolge nun aus dem Programm.

Ex-AfD-Vorsitzende Frauke Petry, die Sprecherin der LINKEN im sächsischen Landtag Kerstin Köditz, rechtsgeneigter Journalist Peter Hahne und Politikwissenschaftler Robert Feustel – also vier sehr, sehr weiße Menschen – sollten sich im Jahr 2018 im Radio mal ordentlich über die Zulässigkeit des N-Wortes streiten. Und da man beim MDR-Sachsen nicht nur keinen Anstand, sondern leider auch keine Zeit für die journalistische Bürde der Recherche hatte, konnte blöderweise niemand eine Person of Color auftreiben.

Nach Ankündigung der Sendung via Twitter war der Shitstorm vorprogrammiert. Nutzer*innen kritisierten, dass nur weiße Menschen ins Studio eingeladen wurden, dass die Nutzung des N-Worts rassistisch sei und forderten eine Absage der Sendung. Auf die wütenden Kommentare der User*innenschaft reagierte der MDR mit „Meine Fresse“, forderte „einen freundlichen Umgangston“ und bat darum, die inhaltliche Diskussion auf den Zeitpunkt der Sendung zu verschieben.

Die Community lieferte schmerzlich-zynische und deutlich ehrlichere Themenvorschläge für das MDR-Format Dienstag direkt, darunter: „Pro und Contra Holocaust. Wir haben fünf Neonazis eingeladen, und wollen einfach mal offen diskutieren“ oder hallo, wir sind ein rassistischer kackhaufen und haben uns andere rassistische kackhaufen eingeladen, um die frage zu klären, ob es nicht total töfte ist, ein rassistischer kackhaufen zu sein“.

Nach zwei Stunden entschuldigte sich der MDR für die „rhetorisch gemeinte Einstiegsfrage des Tweets“ und strich das N-Wort aus dem verlinkten Beschreibungstext.

Kerstin Köditz und Robert Feustel sagten wenig später ihre Teilnahme an der Sendung ab. Köditz erklärte, sie und Robert Feustel seien zum Thema „politische Korrektheit“ angefragt worden, einem „Kampfbegriff der Rechten“, den sie nicht unwidersprochen lassen wollten. Den zwei verbliebenen Gästen heute Abend noch beim Jammern über die schlimme sprachliche Beschneidung ihrer Privilegien zuzuhören erschien dann wohl nicht mehr ganz so reizvoll.

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9 Kommentare

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  • Nachdenlich stikmmt, dass die Vertreterin der Linken anscheinend nicht von vorneherein die Teilnahme verweigerte. Musste sie doch wissen, wer daran teilnehmen und dass kein 'Betroffener' dabei sein sollte...

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @Philippe Ressing:

      Sie wurde zu einem anderen Thema angefragt. Und das ist der eigentliche Skandal.

  • So sehr ich auch ansonsten der Kritik am MDR ansonsten zustimme, so albern finde ich doch das "N-Wort".

     

    Neger, Neger, Neger, Neger, Neger.

     

    Dieses Wort kann auf zwei Arten genannt werden: Mittelbar und unmittelbar.

     

    Bezeichne ich jemanden unmittelbar als "Neger", ist damit eindeutig eine rassistische Herabwürdigung verbunden.

     

    Durch das bloße Aussprechen des Wortes, durch die Anerkenntnis, dass dieses Wort zur rassistischen Herabwürdigung anderer Menschen benutzt wurde und wird, würdige ich aber niemanden herab.

     

    Dieses Wort gibt es leider in seiner ganzen rassistischen Bedeutung, mit seinem menschenverachtenden Hintergrund. Aber mir erschließt sich nicht, wieso es ein grundsätzliches Tabu-Wort sein sollte.

     

    Es gibt keine Neger, Kaffern, Nigger etc. Aber es gibt diese Worte sehrwohl und - das eigentlich relevante - es gibt den dahinter liegenden Rassismus, der nicht dadurch verschwindet, dass man diese Worte nicht mehr spricht und schreibt.

     

    Es ist nicht hinzunehmen, wenn Menschen mit derartigen abwertenden Begriffen belegt werden. Diese Wörter allerdings selbst auf der Meta-Ebene auszuradieren, grenzt an ein Denkverbot.

    • @sart:

      Wieso ist es Ihnen denn so wichtig dieses Wort weiterhin zu benutzen?

      Mit der Verwendung des Begriffs reproduzieren Sie den Rassismus immer wieder. Natürlich reicht es nicht einfach das Wort zu streichen und durch ein anderes zu ersetzen. Selbstverständlich müssen auch die kolonialistischen Bilder, die dahinter stecken, dekonstruiert werden. Dafür ist das N-Wort jedoch nicht notwendig.

      Ich unterstelle Ihnen jetzt einfach mal, dass Sie, wie ich, weiß sind und möchte anregen, einfach mal Personen, die von rassistischer Diskriminierung betroffen sind, darüber entscheiden zu lassen, was ok ist und was nicht.

      • @PeMü:

        "Ich unterstelle Ihnen jetzt einfach mal, dass Sie, wie ich, weiß sind und möchte anregen, einfach mal Personen, die von rassistischer Diskriminierung betroffen sind, darüber entscheiden zu lassen, was ok ist und was nicht."

         

        Darüber hinaus bin ich Rationalist und "Ist halt so" ist für mich keine Argumentation, auch nicht von Betroffenen.

         

        Diese Betroffenen lasse ich vollumfänglich entscheiden, welche von ihnen selbst gewählte Wortwahl als (Eigen-)Bezeichnung angemessen zu betrachten ist, das steht für mich vollkommen außer Frage und ich würde diese auch weder im Gespräch mit noch über sie als "Neger" bezeichnen.

         

        Und mir ist es auch nicht wirklich wichtig, das Wort zu benutzen, wobei ich da nochmal betonen will, dass es mir da um die Benutzung auf der Meta-Ebene geht, nicht als aktive Bezeichnung einer Menschengruppe.

         

        Aber bevor ich ein Wort insofern nicht mehr benutzt, als dass ich es nicht einmal mehr ausspreche, wenn es um dieses Wort selbst geht, möchte ich schon verstehen, wieso. Was genau das bringen soll.

         

        Inwiefern reproduziere ich denn Rassismus, wenn ich von Rassismus spreche, wenn ich sage oder schreibe, dass Michael Ende seinen Jim als "Neger" bezeichnet hat? Inwiefern reproduziere ich Rassismus, wenn ich sage, dass es die rassistische Bezeichnung "Neger" gibt? Und was wird durch "N-Wort" besser? Durch "N-Wort" verschwindet doch "Neger" nicht. Wenn durch "Neger" Rassismus reproduziere, tue ich das auch durch "N-Wort".

         

        Und da sollte man auch wirklich auf die korrekt Wortwahl achten. Verwende ich ein Wort oder benutze ich es? Für PoC verwende ich das Wort "Neger" nicht, aber ich benutze es in meinem Sprachgebrauch auf besagter Meta-Ebene, wenn ich -darüber- spreche.

         

        Wie dadurch - im Gegensatz zu "N-Wort" - Rassismus reproduziert werden soll: Ich weiß es nicht. Wenn Sie es mir erklären können, bin ich dafür tatsächlich offen, aber so einfach hingeworfen ist dieses Argument für mich nicht nachvollziehbar.

        • @sart:

          Informationstext: Warum nicht "N..."?

          //http://www.derbraunemob.de/deutsch/content/content_fragen_presse.htm#p01

           

          Zum Text/Hompage-hintergund:

          //http://www.derbraunemob.de/deutsch/content/content_homepage_braunermob.htm

          • @Uranus:

            Also ich weiß nicht, wenn ich mir den Artikel und die Seite so durchlese finde ich zwar die Gründe, wieso man niemanden als "Neger" bezeichnen soll, auch nicht aus "Witz" oder sonstwas.

             

            Aber das worum es mir geht, also nicht die Verwendung des Begriffs direkt, sondern die Metaebene, das Sprechen -über- den Begriff, dazu habe ich da jetzt nichts gefunden.

             

            Nehmen Sie den Abschnitt "Das N-Wort in Enzyklopädien und Wörterbüchern". Dass auch ein Lexikon keine neutrale Referenz ist und es schlicht und ergreifend falsch ist, wenn "Neger" als neutraler Begriff verzeichnet ist, ist selbstverständlich.

             

            Aber was spricht dagegen, wenn im Lexikon bei diesem Begriff dabei steht, dass er abwertend ist? Was spricht dagegen, dass ich sage: "Neger ist ein abwertender Begriff."?

             

            Das verstehe ich nicht und wird auch von der Seite nicht beantwortet.

  • Was wird wohl die nächste Folge? Vielleicht eine wehmütige Rückschau zu deutschen Kolonien? Dann aber mit Erika Steinbach, damit mal Menschen dabei sind, die selbst erfahren mussten, wie schlimm Vertreibung ist.

    • @emanuel goldstein:

      Ja, ja Flüchtlinge ... alles Rechte, Islamisten, Schläfer und Terroristen.

       

      Sie bringen zwei Themen durcheinander die so nicht zusammengehören: Rechtspopulisten und Vertriebene. Und By the way: Danziger Gegend = deutsche Kolonie?