Kommentar Neurechte „Erklärung 2018“: Lengsfeld in den „Merkelmedien“

In der ARD feuert die Rechtsauslegerin Vera Lengsfeld giftige Botschaften ab und Tausende stimmen ihr zu. Brauchen wir das wirklich?

Vera Lengsfeld im Porträt

Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Vera Lengsfeld immer weiter nach rechts abdriftet Foto: imago/Müller-Stauffenberg

Schon wieder die! Der Bericht über den österlichen Segen des Papstes in den „Tagesthemen“ war kaum verklungen, da sprach Vera Lengsfeld in den „Tagesthemen“ der ARD bereits ihr Wort zum Ostersonntag: die „Erklärung 2018“. Wer wäre auch dazu besser geeignet als sie, die Ex-SED-, Ex-Bürgerrechtlerin, Ex-Grünen-, Ex-CDU-Politikerin. Sie, die heutige Gesinnungsgenossin von Beatrix von Storch (AfD).

Lengsfeld wirkt vor der Kamera sehr bürgerlich. Doch sie ist längst eine Frontfrau der Neuen Rechten. Immer zur Stelle, wenn es gilt, Pegida-, AfD- und andere Aufmärsche mit völkischen Angstparolen zu munitionieren. Seit Jahren warnt die Agitatorin vor der drohenden „Umvolkung“ durch Migration, vor Demokraten als „Systemlämmern“ und „Merkelmedien“.

Von der Couch feuert die so harmlos wirkende Rechtsauslegerin zu Ostern ihre giftigen Fernsehbotschaften ab. Erst ein Geplänkel um ein Einwanderungsgesetz, für das sie angeblich schon als Grüne war. Dann dringt sie zum eigentlichen Anliegen ihrer Osterbotschaft vor: „die illegale Masseneinwanderung“, die von der Politik der Großen Koalition noch immer „nicht gestoppt“ worden sei. Das sagt sie, obwohl alle Zahlen in eine andere Richtung weisen.

Doch Lengsfeld und ihren Kumpanen vom rechten Rand geht es weniger um Fakten als um Stimmungsmache. Sie wollen in die Mitte der Gesellschaft, dorthin, wo man Bücher wie Tellkamps „Turm“ oder Medien wie die Zeit liest. Das jüngste Propagandamittel dafür ist nun die mit österlichem Segen der ARD vorgestellte „Erklärung 2018“. Diese hatte Lengsfeld mit anderen wie Broder, Tellkamp, Sarrazin oder Matussek im Internet lanciert. Und jetzt zur Massenpetition deklariert.

Innerhalb weniger Tage stimmten 25.000, zumeist Akademiker, folgenden Sätzen zu: „Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschland durch die illegale Masseneinwanderung beschädigt wird. Wir solidarisieren uns mit denjenigen, die friedlich dafür demonstrieren, dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt wird.“

Der Schriftsteller Uwe Tellkamp behauptete unlängst über Flüchtlinge, „die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern, über 95 Prozent“. Lengsfeld spricht auch schon mal davon, kein „Versuchskaninchen in einem neuen politischen Experiment“ sein zu wollen, „als dessen absehbare Folge wir innerhalb weniger Generationen im dann ehemals eigenen Land demographisch marginalisiert sein werden“. Brauchen wir das? Und auch noch zu Ostern in der ARD?

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Andreas Fanizadeh, geb. 1963 in St.Johann i.Pg. (Österreich). Leitet seit 2007 das Kulturressort der taz. War von 2000 bis 2007 Auslandsredakteur von „Die Wochenzeitung“ in Zürich. Arbeitete in den 1990ern in Berlin für den ID Verlag und die Edition ID-Archiv, gab dort u.a. die Zeitschrift "Die Beute" mit heraus. Studierte in Frankfurt/M. Germanistik und Politikwissenschaften.

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