piwik no script img

Andreas Speit Der rechte RandBuxtehude bekommt einen Gustav-Schneeclaus-Platz

Noch steht das Straßenschild nicht am Pavillon des Zentralen Busbahnhofs (ZOB) in Buxtehude. Der kleine Fleck heisst aber schon ganz offiziell Gustav-Schneeclaus-Platz. Vor 26 Jahren schlugen hier die Rechtsextremen Stefan Silar und Stephan Kronbügel auf den ehemaligen Kapitän so stark ein, dass er vier Tage später an seinen schweren Verletzungen erlag. Am Donnerstag möchte der Antifaschistische Arbeitskreis zum Gedenken an Gustav Schneeclaus vor Ort eine Gedenkveranstaltung ausrichten. Mit dabei: die stellvertretende Bürgermeisterin Christel Lemm (SPD).

Kronbügel hat sich in Hamburg jüngst wieder etwas zu schulden kommen lassen. Am 17. Dezember hat der 51-Jährige am S-Bahnhof Veddel eine Sprengstoffexplosion herbeigeführt. Auf der Veddel haben rund 70 Prozent der AnwohnerInnen einen Migrationshintergrund. Wenige Tage später saß er in Haft.

Nicht nur seine Vita deutet auf einen politischen Hintergrund hin, auch der Ort. Am 27. Juli 2000 legte ein Rechtsextremer in Düsseldorf an einem Bahneingang eine Rohrbombe. Durch die Zündung wurden zehn Menschen zum Teil schwer verletzt – Kontingentflüchtlinge aus Russland und der Ukraine.

Vor 26 Jahren waren sich Täter und Opfer in Buxtehude zufällig begegnet. Schon nachmittags saßen Silar und Kronbügel am ZOB, wo sich damals die rechte Szene zum „exzessiven Alkoholkonsum“ traf. Schneeclaus trifft auf die beiden, es kommt zum Streit. Der Ex-Kapitän hält ihnen vor „Hitler war der größte Verbrecher“, die Rechten schlagen zu und gehen. Wenig später kommen sie wieder, um mit einem Kantholz weiter auf ihr Opfer einzuprügeln und mit Springerstiefeln auf ihn einzutreten. Der damals 26-jährige Kronbügel feuert den noch 19-jährigen Silar mit „Mach ihn tot“ an. Ihr Opfer stirbt mit 53 Jahren – wegen schwersten inneren Verletzungen, eines Schädelbruchs und eines abgerissenen Halswirbels. Beide Täter erhielten Haftstrafen, ihre Gesinnung änderten sie nicht.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Schon im September 2017 hatte der Rat der niedersächsischen Stadt die Platzumbenennung beschlossen. Allein die AfD-Fraktion um den Fraktionsvorsitzenden Helmut Wiegers stimmte dagegen. „Die Benennung von Straßen und Plätzen ist und war immer ein Ausdruck des politischen Zeitgeistes“ erklärte er. Und da „dieser Zeitgeist ständigen und manchmal sogar abrupten Veränderungen“ unterläge, würde die AfD „die Benennung von Straßen, Plätzen und markanten Gebäuden nach Personen als grundsätzlich problematisch“ ansehen. „Die Aussage spricht für sich“, sagt Michael Quelle vom Antifaschistischen Arbeitskreis. Er hofft, dass am Donnerstag das Schild am Platz angebracht ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen