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Saakaschwili ist wieder entwischt

Ex-Gouverneur von Odessa wird vom ukrainischen Geheimdienst festgenommen, dann aber von Aktivisten befreit. Opposition verurteilt Vorgehen der Regierung

Aus Kiew Bernhard Clasen

Erneut ist Michail Saakaschwili, ehemaliger Präsident von Georgien und früherer Gouverneur von Odessa, seinen Häschern durch die Lappen gegangen. Am frühen Dienstagmorgen hatten maskierte Angehörige der Spezialeinheit Alfa des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU die Türen von Saakaschwilis Wohnung im Kiewer Stadtzentrum, unweit des Maidan, eingetreten. Durch eine Flucht auf das Dach konnte er sich zunächst einer Verhaftung entziehen. Poroschenko wolle ihn auf Befehl von Russlands Präsident Wladimir Putin entführen und ausliefern, hatte er den Wartenden auf der Straße zugerufen und diese um Hilfe gebeten.

Der Fernsehsender TSN berichtete, Saakaschwili habe gar gedroht, sich vom Dach zu stürzen, sollten ihm die Geheimdienstler näherkommen. Doch dann klickten die Handschellen. Als Ruslan Tschernoluzkij, der Anwalt von Saakaschwili, mit seinem Mandanten in Kontakt treten wollte, wurde ihm dies von SBU-Angehörigen verwehrt.

Nur schwer gelangten die Sicherheitskräfte mit dem festgenommenen Politiker durch die Reihen von protestierenden Aktivisten. Nur mit Mühe konnte sich der blaue Kleinbus des Geheimdienstes einen Weg durch die protestierenden Menschen vor dem Haus des Politikers bahnen. Doch bald war die Fahrt zu Ende. Aktivisten hatten den Wagen erneut blockiert, die Reifen zerstochen und den Politiker aus dem Wagen befreit.

Jubelnd hielt Saakaschwili eine Rede an die Menge. Anschließend zog er mit ungefähr tausend Getreuen zum Parlament.

Kurz vor Bekanntwerden von Saakaschwilis Befreiung hatte Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko die Festnahme des Politikers begründet. Saakaschwili habe von Kriminellen aus Russland, die dem Umfeld des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch zuzuordnen seien, eine halbe Million Dollar zur Finanzierung seiner Protestbewegung erhalten.

Oppositionspolitiker aller Lager verurteilten das Vorgehen von Geheimdienst und Staatsanwaltschaft. Die Machthaber führten das Land in eine Tyrannei, erklärte Oleg Beresjuk, Fraktionschef der Oppositionspartei „Selbsthilfe“. Er werde sich für den Schutz von Saakaschwili einsetzen.

Auch Julia Timoschenko, Vorsitzende der Vaterlandspartei, verurteilte die Festnahme. Das sei politischer Terror, erklärte sie. Das sei ein Kampf in der herrschenden Machtelite, meinte Olexander Wilkul vom Oppositionsblock. Und eine Schande für die Ukraine.

Der TV-SenderTSN berichtete, Saakaschwili habe gedroht, sich vom Dach zu stürzen

Innenminister Arsen Awakow forderte Saakaschwili nach Bekanntwerden von dessen Befreiung auf, sich dem Gesetz unterzuordnen. Er solle sich den Vorwürfen stellen und dürfe nicht Blutvergießen provozieren.

Im Mai 2015 war Saakaschwili von seinem Studienfreund Petro Poroschenko zum Gouverneur von Odessa ernannt worden. Doch schon bald hatten sich die beiden entfremdet. Im November 2016 trat Saakaschwili zurück. Im Juli 2017 hatte ihm Poroschenko die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen.

Am 10. September 2017 durchbrach der inzwischen staatenlose Saakaschwili die Absperrungen an der ukrainisch-polnischen Grenze und erzwang so seine Rückkehr in die Ukraine.

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