NGO-Experte über Nobel-Stiftung: Geld bei Waffenfirmen angelegt
Die Nobel-Stiftung soll Geld so angelegt haben, dass es auch bei Rüstungsfirmen landet. Das zeigen Recherchen des gemeinnützigen Vereins „Facing Finance“.
taz: Herr Küchenmeister, Sie haben gemeinsam mit ihrer norwegischen Partnerorganisation Framtiden i våre hender herausgefunden, dass die Nobel-Stiftung ethisch fragwürdige Investitionen tätigt. Zum Beispiel in Rüstungsfirmen, die auch Teil von aktuellen Atomwaffenprogrammen sind. Wie haben Sie das recherchiert?
Thomas Küchenmeister: Die norwegische Organisation hat die ursprüngliche Recherche vorgenommen. Sie haben die Anlagen der Nobel-Stiftung, die im Jahresbericht 2016 angegeben werden, unter die Lupe genommen. An einigen Stellen sind sie aber nicht weitergekommen. Wir haben dann selbst recherchiert und versucht, Unsicherheiten zu klären.
Dabei haben wir zum Beispiel die Investments der Hedgefonds recherchiert und die Holdings der Fonds offengelegt, die Indizes abbilden. Dabei haben wir herausgefunden, dass zwei Fonds, die in Indizes abbilden, damit auch direkt in die darin enthaltenen Unternehmen investiert sind, was eine große Anzahl von Rüstungsproduzenten wie Boeing, Airbus, BAE Systems und Lockheed Martin einschließt.
Wie sollte das Nobelpreiskomitee Ihrer Meinung nach auf Ihre Ergebnisse reagieren?
Dem ZDF heute journal zufolge überlegt die Nobel-Stiftung offenbar, in Zukunft nachhaltiger zu investieren. Das ist überfällig. Eine Instanz, die politisch so wichtig ist wie das Nobelpreiskomitee, sollte nicht in problematische Investitionen verwickelt sein.
Wie ließe sich das praktisch umsetzen?
Thomas Küchenmeister, 1957, ist geschäftsführender Vorstand der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Facing Finance e.V. Der Verein setzt sich für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Geld ein.
Der norwegische Pensionsfonds ist ein gutes Beispiel, dass es auch möglich ist, nachhaltig zu investieren und trotzdem Rendite zu erzielen. Der Pensionsfonds schließt zum Beispiel Investitionen in Atomwaffen aus, aber auch in Tabak oder in Unternehmen, die wegen Menschenrechtsverletzungen aufgefallen sind. Wenn die Unternehmen sich in der Hinsicht verbessern, werden sie auch wieder von der Schwarzen Liste genommen. Das gibt einen Anreiz, Geschäftsmodelle nachhaltig auszurichten.
Welche Konsequenz ergibt sich für den diesjährigen Friedensnobelpreisgewinner ICAN, ein Bündnis gegen Atomwaffen, zu dem auch Ihre Organisation gehört?
Durch die Investmentpolitik der Nobel-Stiftung wird das Image des Friedensnobelpreises nachhaltig beschädigt. Das ist unverantwortlich, denn der Preis ist politisch sehr wichtig.
Ich habe dem Steering Committee von ICAN empfohlen, genau zu prüfen, wie mit dem Preisgeld umgegangen wird. Es ist klar, dass die ICAN-Kampagne das Geld braucht, um sich weiter für ihre Ziele einzusetzen. Aber wenigstens ein Teil des Geldes sollte an Menschen gespendet werden, die unter dem Einsatz von Atomwaffen gelitten haben. Damit würde man zumindest ein starkes Signal senden und Druck auf die Nobel-Stiftung ausüben.
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