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Jamaika sondiert, Italien steigt aus

Heute verhandeln Union, Grüne und FDP erstmals über Energiepolitik – und damit über den Kohleausstieg. Den hat Italien gerade für 2025 angekündigt und auch eine Mehrheit der Deutschen fordert ihn

Solar- und Windenergie, bitte übernehmen: Sonnenaufgang über dem Steinkohlekraftwerk Mehrum Foto: dpa

Von Malte Kreutzfeldt

Das Zeitalter der Kohle geht in immer mehr europäischen Ländern zu Ende: Am Dienstagnachmittag hat Italien angekündigt, bis zum Jahr 2025 aus dem klimaschädlichen Energieträger auszusteigen. Damit schließt sich das Land dem Zeitplan von Großbritannien an, das die Kohleverbrennung ebenfalls bis 2025 stoppen will. Frankreich hat den Ausstieg bis 2022 angekündigt, die Niederlande und Portugal bis 2030.

In Deutschland gibt es bisher hingegen kein festes Enddatum für die Kohlenutzung. Und bei den Sondierungsgesprächen für eine mögliche Jamaika-Koalition, die am Donnerstag erstmals ausführlich die Energiepolitik zum Thema haben, wird sich das vermutlich auch nicht ändern. Zu klar haben sich Union und FDP im Vorfeld gegen einen fixen Termin ausgesprochen. Die Grünen hingegen wollen den Kohleausstieg bis spätestens 2030.

Für Grüne essenziell

Selbst wenn sie diese Zahl am Ende vermutlich nicht durchsetzen können – eine schnelle Abschaltung von besonders dreckigen Kraftwerken dürfte nicht verhandelbar sein. „Wir müssen die Klimaschutzziele einhalten“, sagte der schleswig-holsteinische Energieminister Robert Habeck im Deutschlandfunk. „Dafür sind die Grünen gewählt worden und ohne das können wir gar nicht nach Hause kommen.“ Ohne einen schnellen Rückgang der Kohlenutzung ist das deutsche Klimaziel nicht zu schaffen. Und das wurde einst von Union und FDP beschlossen.

Eine Mehrheit der Deutschen würde einen solchen Schritt befürworten: In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Umweltstiftung WWF und des Ökostromanbieters Lichtblick sprachen sich 63 Prozent der Befragten für einen Kohleausstieg bis spätestens 2035 aus, die Hälfte davon wünscht ihn schon für 2030.

„Die Zeit des Aufschiebens ist vorbei“, sagte WWF-Klimaexperte Michael Schäfer zu diesen Zahlen. „Die neue Regierung hat nicht nur die Wissenschaft im Nacken, sondern auch die eigene Bevölkerung.“ Die Entwicklungsorganisation Oxfam hofft, dass die künftige Koalition dem italienischen Beispiel folgt. „Jetzt muss Deutschland nachziehen“, sagte Jan Kowalzig. „Der Ausstieg aus der Kohle im Lauf der nächsten fünfzehn Jahre gehört unbedingt in den Koalitionsvertrag.“

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