: Kohleausstieg kann schnell kommen
Ein neues Gutachten hält die Stilllegung von Kraftwerken ohne Entschädigung für möglich, sofern diese älter als 25 Jahre sind. Schwieriger ist es bei den Braunkohletagebauen, die auch geschlossen werden müssten
Von Malte Kreutzfeldt
Politisch ist ein schneller Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohlenutzung eines der besonders heißen Eisen in den laufenden Sondierungen für eine Jamaika-Koalition zwischen Union, Grünen und FDP. Juristisch und finanziell wäre der Kohle-Ausstieg hingegen kein großes Problem. Zu diesem Urteil kommt ein Gutachten der auf Energierecht spezialisierten Kanzlei Becker Büttner Held im Auftrag des Thinktanks Agora Energiewende.
Das Gutachten geht der Frage nach, ob ein Ausstieg aus der Kohle genauso erfolgen könnte wie aus der Atomkraft. Hier hatte die schwarz-gelbe Regierung im Jahr 2011 feste Abschaltdaten für die einzelnen Reaktoren festgelegt und auf Entschädigungen für die Betreiber verzichtet. 2016 hatte das Bundesverfassungsgericht dies im Wesentlichen gebilligt.
Und die Antwort der Experten fällt eindeutig aus: „Ein Gesetz zum Ausstieg aus der Kohleverstromung ist verfassungskonform darstellbar“, schreiben sie. Ein voriger Konsens zwischen Politik und Betreibern, wie es ihn beim Atomausstieg gegeben habe, sei nicht erforderlich.
Entschädigungen stehen den Betreibern nach Ansicht von Becker Büttner Held nicht zu, sofern die Kraftwerke bereits abgeschrieben sind; das sei in der Regel nach 25 Jahren der Fall. Umgesetzt werden könnte der Kohleausstieg mit einer kurzen Übergangsfrist von nur einem Jahr: „Soweit der Gesetzgeber noch im Jahr 2017 ein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen würde, sollten erste Stilllegungen bereits im Jahr 2019 verfassungskonform möglich sein“, heißt es.
Anders stellt sich die Situation für die Braunkohletagebaue dar, die bei einem Kohleausstieg ebenfalls früher stillgelegt würden als bisher geplant. Hier wären nach Ansicht der Gutachter möglicherweise „die zusätzlichen Kosten, die aufgrund einer unplanmäßigen vorzeitigen Rekultivierung entstehen, zu berücksichtigen oder auszugleichen“.
Für Agora-Direktor Patrick Graichen folgt aus dem Gutachten, dass der Kohleausstieg von der Politik schnell angegangen werden sollte. Anders seien die vom Bundestag mehrfach bestätigten Klimaschutzziele nicht erreichbar. Auch Tina Löffelsend, Klimaexpertin beim Umweltverband BUND, hofft, dass durch das Gutachten der Druck auf die künftige Koalition steigt: „Die Jamaika-Verhandler haben jetzt keinen Grund mehr, den Ausstieg aus der Kohle zu verzögern“, sagte sie.
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