Weniger Müllexporte nach China: Abfall sucht Ausweg

China will nicht mehr der Müllschlucker der Welt sein. Das versetzt die Recyclingindustrie in Aufruhr. Langfristig könnte sie aber profitieren.

Arbeiterin auf chinesischer Müllhalde

Die Müllberge in China werden bald kleiner Foto: dpa

BERLIN taz | Die deutschen Entsorgungsunternehmen wissen derzeit nicht, wohin mit ihrem Plastikmüll. Seit China als weltgrößter Importeur von Abfällen einen „grünen Zaun“ um seine Grenzen zieht, stapeln sich in Deutschland Rollen mit Folien und Container mit Kunststoffschnipseln aus ehemaligen Computergehäusen, Fernsehern oder Verpackungen.

Zehn Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum haben die Unternehmen im ersten Halbjahr 2017 nach China geschickt, 645.000 Tonnen im Wert von 208 Millionen Euro gegenüber 712.000 Tonnen für 215 Millio­nen Euro im ersten Halbjahr 2016. Die Folge: Die Preise bestimmter Kunststoffsorten fallen, die Preise der Müllverbrennungsanlagen steigen. Am Markt herrschten teilweise „dramatische Zustände“, textet der Branchendienst Euwid. „Die Mengen, die vorher nach China gingen, kann der europäische Markt nicht aufnehmen“, sagt Jörg Lacher vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung. Und: „Dieser Effekt wird sich noch verstärken.“

Ab Januar 2018 will China Abfallimporte sogar generell verbieten. Wie streng das gemeint ist oder ob beispielsweise nur minderwertige Abfälle betroffen sind, die sich schwer oder gar nicht recyceln lassen, ist noch nicht klar. Klar ist aber, dass China seine Recyclingindustrie erneuern und sauberer machen will. Im Sommer kontrollierten laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua hunderte eigens ernannte Inspektoren über 1.700 Entsorgungsunternehmen und überprüften, ob die Firmen die Umweltvorschriften einhielten oder illegal Abfälle importierten. Außerdem stoppten die Behörden Einfuhrgenehmigungen für einige Abfälle, berichtet Euwid.

Was bedeutet das für das Recycling alter Kunststoffe hierzulande? „Wir müssen unsere Qualitäten verbessern“, sagt Michael Schneider, Sprecher des Entsorgungskonzerns Remondis. „Je sortenreiner ein Kunststoff ist, desto besser kann man ihn stofflich verwerten.“ Plastik ist nicht gleich Plastik. So haben Hart-Polyethylen und Polypropylen unterschiedliche Eigenschaften und Einsatzgebiete und müssen, zu Abfall geworden, sortiert werden. Mischungen verschiedener Kunststoffe sind hingegen meist nur als Brennstoff in Zementwerken oder Müllverbrennungsanlagen geeignet.

Chinas Politik und steigende Recyclingquoten in der EU ab 2019 zwingen uns zu einer sorgfältigeren Sammlung und Sortierung vom Verbraucher bis zur Sortieranlage. „Das tut uns allen gut“, sagt Schneider, „die Recyclingunternehmen bekommen besseres Material zu günstigeren Preisen.“ Und mittelfristig sei es eine „Chance für Europa, dass wir hier wieder eine Verwertungsindustrie für Sekundärkunststoffe aufbauen müssen“. Auch Henning Krumrey, Sprecher des Berliner Entsorgers Alba, gewinnt den neuen Stoffströmen Positives ab: Zu geringeren Preisen würden die Mengen, die bisher nach China gingen, in Europa abgesetzt. Krumrey: „Dies ist auch eine Chance für die deutsche Recyclingindustrie.“

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