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Kehrtwende bei Zweck-entfremdungsverbot?

WohnraumPankower Mieter darf nach Vergleich mit Bezirk großzügig an Touristen vermieten

Die regelmäßige Untervermietung von Berliner Privatwohnungen an Touristen ist möglicherweise doch viel großzügiger erlaubt als es vom Senat vorgesehen ist. Zu dieser Einschätzung kommt eine Anwaltskanzlei, die für ihren Mandanten eine entsprechende Erlaubnis durchsetzte. Der Bezirk Pankow habe dem Mandanten kürzlich eine Genehmigung zur Vermietung seiner Wohnung an mindestens 182 Tagen pro Jahr erteilt, erklärte der Berliner Rechtsanwalt Christian Eckart. Entscheidend gewesen sei in diesem Fall ein Hinweis des Berliner Verwaltungsgerichts und die Zustimmung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Der Senat widersprach allerdings vehement. Es handele sich nur um einen Vergleich, der ein Einzelfall sei und keinerlei grundsätzliche Auswirkungen habe, teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit. „Eine Anpassung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes allein aufgrund dieses Vergleichs ist also weder geplant noch notwendig. Es wird keine „Kehrtwende“ beim Zweckentfremdungsgesetz geben. Im Gegenteil: Das Gesetz soll mit dem Ziel eines umfassenderen Wohnraumschutzes rechtssicher überarbeitet werden.“ Die Genehmigung durch den Bezirk sei auch „weder mit uns abgestimmt noch beruht sie auf einer Empfehlung durch uns“.

Nach Darstellung der Kanzlei wollte der Mandant seine Mietwohnung, in der er selber lebt, ab und zu an Touristen vermieten. Sein Antrag auf eine Genehmigung sei abgelehnt worden, sodass er beim Verwaltungsgericht klagte. In dem Prozess sei es aber zu keinem Urteil gekommen, weil der Bezirk vorher die Genehmigung für mindestens 182 Tage pro Jahr erteilt habe, so die Kanzlei. Laut Gericht gebe es kein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Wohnraums, wenn dieser bereits bewohnt werde, weil er dann nicht der Allgemeinheit entzogen werde.

Die Kanzlei betonte: „Die Genehmigung bedeutet eine Kehrtwende beim Berliner Zweckentfremdungsverbot. Der Fall ist verallgemeinerungsfähig: Berliner Home Sharer können auf Gleichbehandlung pochen.“ Das Bezirksamt Pankow teilte mit, konkrete Auskünfte könnten derzeit zu dem Fall nicht gegeben werden, da das Klageverfahren noch offen sei.

Das Gesetz zum sogenannten Zweckentfremdungsverbot trat am 1. Mai 2014 in Kraft. Damit sollte vor allem das übermäßige Vermieten von gewerblichen Ferienwohnungen an Touristen, das meist über das Internet geschieht, unterbunden werden. Aber auch normale Privatleute durften plötzlich ihre selber bewohnten Eigentums- oder Mietwohnungen nur noch per Ausnahmeregelung ein paar Tage oder Wochen an Touristen vermieten. Die Genehmigungen dafür wurden sehr selten erteilt.

Die Internetvermittlungsplattform Airbnb begrüßte die Entscheidung. „Dies ist ein wichtiger Schritt für Berliner, die zeitweise ihr Zuhause vermieten wollen und dem Wohnungsmarkt keinen Wohnraum entziehen“, teilte der deutsche Geschäftsführer Alexander Schwarz mit. (dpa)

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