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2,7 Millionen unterhalb der ArmutsgrenzeKinderarmut steigt in Deutschland

Die Kinderarmut in Deutschland hat zugenommen. Grund ist die große Zahl geflüchteter Kinder und Jugendlicher, die sich in der Sozialstatistik niederschlägt.

Die Armutsquote von Kindern, die keine ausländischen Wurzeln haben, ist 2016 leicht gesunken Foto: dpa

Berlin rtr | Die Kinderarmut in Deutschland hat einer Studie zufolge wegen der Zuwanderung erneut spürbar zugenommen. 2,7 Millionen der unter 18-Jährigen lebten 2016 unterhalb der Armutsgrenze, geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. Ihr Anteil erhöhte sich damit von 19,7 auf 20,3 Prozent.

„Grund für den Anstieg ist, dass sich die große Zahl der in letzter Zeit nach Deutschland geflüchteten Kinder und Jugendlichen jetzt in der Sozialstatistik niederschlägt“, so die Wissenschaftler. Im Unterschied dazu sei die Armutsquote von Kindern, die keine ausländischen Wurzeln haben oder als Kinder von Migranten hier geboren wurden, leicht gesunken. Etwa jede dritte Einwanderer 2015 war unter 18 Jahre alt.

Eingewanderten Eltern müsse ermöglicht werden, Arbeit zu Löhnen zu finden, mit denen sie ihre Familien selbst über die Runden bringen können. Aber auch hier Geborene bräuchten besseren Schutz. „Schließlich hat sich trotz Rekordbeschäftigung das Armutsrisiko der einheimischen Kinder nur wenig verringert“, sagte WSI-Sozialforscher Eric Seils. Maßnahmen gegen die verbreiteten Niedriglöhne kämen auch Kindern prekär Beschäftigter zu Gute.

Als arm gelten Haushalte, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des bedarfsgewichteten mittleren Einkommens beträgt. Für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 liegt die Schwelle bei einem verfügbaren Nettoeinkommen von weniger als 1.978 Euro im Monat. Insgesamt stagniert die Armut nahezu: 2016 lag die Quote für die Gesamtbevölkerung bei 15,8 Prozent und damit um 0,1 Punkte höher als 2015. Den Anstieg erklären die Experten damit, dass Flüchtlinge ein großes Risiko tragen. So lebten 82 Prozent der eingewanderten Syrer und 70 Prozent der Iraker unter der Armutsgrenze.

Der 2009 begonnene Anstieg der Altersarmut hat sich den Forschern zufolge fortgesetzt. Bei Menschen über 65 Jahren erhöhte sich der Anteil von 12,6 auf 12,7 Prozent.

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7 Kommentare

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  • Es gibt eine neue Wahlalternative zum Thema - die Partei Bündnis Grundeinkommen ist mit der Zweitstimme in allen Bundesländern am 24.09. wählbar:

    https://www.buendnis-grundeinkommen.de/

  • "Eingewanderten Eltern müsse ermöglicht werden, Arbeit zu Löhnen zu finden, mit denen sie ihre Familien selbst über die Runden bringen können."

     

    Es gibt genug Biodeutsche, die arm sind, deren Kinder in Armut aufwachsen, wenn die Jobcenter und Behörden diese Menschen nicht vor Armut schützen können, wie soll das bei Einwanderern besser klappen? Ich würde sagen, Harz-IV schützt nicht vor Armut, sondern fördert Armut und es gibt nicht genug Arbeitsplätze - das Gerede vom Wirtschaftsaufschwung und wie toll es allen geht, ist doch nur eine bestellte Lüge für diese Bundestagswahl. Und dort hat A. Merkel gute Chancen wieder gewählt zu werden, obwohl sie genau diese Verarmungspolitik betreibt und es gar nicht einsieht, diese Armut überhaupt als Problem anzunehmen. Auch vor Harz-IV gab es Armut, aber die Durchlässigkeit war vollkommen anders, seit 2005 hat sich eine Schicht von total ausgegrenzten Menschen gebildet, die durch den Staat, aufgrund politischer Entscheidung in einer schrecklichen Armut leben müssen.

    • @Andreas_2020:

      stimmt, aber mal anders gesehen: ein Flüchtling der aus einem Armen Land zu uns kommt, lebt der bei uns in "Armut" ? Fast 2000 Euro Netto im Monat für eine kleine Familie ist für manche Herkunftsländer ein finanzieller Segen, das "Armut" zu nennen fällt mir schwer.

      • @Klartexter:

        1) Sie scheinen die unterschiedlichen Preise im Vergleich von Deutschland zu anderen Ländern vergessen zu haben.

        2) Dann gibt es verschiedene Armutsbegriffe. Einer beinhaltet, dass bereits u.a. eine eingeschränkte Teilhabe an der Gesellschaft ein Teil von Armut ist. Wenn nicht ins Kino, Kinder nicht an Klassenfahrten teilnehmen können...

        3) Sind Sie für Gleichheit? Dann dürfte es Ihnen doch egal sein, ob ein_e Arme_r asylsuchend ist oder einen deutschen Pass hat, oder?

      • @Klartexter:

        Zur Erinnerung: Hartz IV wurde von SPD und Grünen damals beschlossen, eifrig sekundiert von CDU/CSU und FDP.

        Das sind also alles harte Hartz-Parteien. Wer diese wählt, der wählt damit Hartz IV und Sozialabbau. Also Armut per Gesetz...

  • Und in zehn Jahren lesen wir einen Artikel mit der Überschrift

    "Kinderarmut steigt in Deutschland"

    ...

  • Hartz IV wirkt!

    ...