: „Billigung von Straftaten“ erleichtert
indymedia linksunten Die linksradikale Webseite soll kriminelle Delikte ermöglicht haben
Die 91-seitige Verbotsverfügung liegt der taz vor. Wie wird das Verbot begründet?
Verbotsgründe: Das Verbot stützt sich auf zwei Gründe: Die Tätigkeit des Vereins laufe den Strafgesetzen „zuwider“ und er richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung.
Strafgesetze: Das Innenministerium wirft den Mitgliedern nicht vor, dass sie selbst gegen Strafgesetze verstoßen haben. Jedoch hätten sie die Straftaten anderer „ermöglicht und erleichtert“, indem sie Straftätern einen verlässlich anonymen Zugang zu einer Plattform mit großer Reichweite anboten. Über 25 Seiten lang werden im Verbotsbeschluss Beispiele zitiert, dass auf indymedia linksunten von anonymen Personen Straftaten begangen wurden. Dabei geht es ausschließlich um verbale Straftaten wie die öffentliche Aufforderung zu Straftaten, die Androhung von Straftaten, die Anleitung zu Straftaten, die Billigung von Straftaten, Beleidigung und üble Nachrede.
Zurechnung: Diese Taten seien indymedia linksunten zuzurechnen, weil alle Beiträge dort nach der Veröffentlichung von Moderatoren geprüft wurden. Strafbare Beiträge seien überwiegend auf der Seite stehengeblieben. Die strafrechtlich relevanten Beiträge seien auch „prägend“ für die Webseite, gleichrangig neben den legalen Artikeln über Demos und Diskussionen. Nahezu täglich, teilweise mehrmals täglich, seien dort strafbare Inhalte gepostet worden.
Verfassungsmäßige Ordnung: Einerseits habe indymedia linksunten selbst eine verfassungsfeindliche Grundhaltung, weil die Betreiber das staatliche Gewaltmonopol ablehnen. Sie hätten auch immer wieder dazu aufgefordert, dass linke Gewalttäter nach Brandanschlägen und ähnlichem ihre Selbstbezichtigungsschreiben auf indymedia linksunten veröffentlichen. Zum anderen diene die Plattform auch der Veröffentlichung verfassungsfeindlicher Inhalte, in denen zum Beispiel Polizisten die Menschenwürde abgesprochen wird und Nazis das Lebensrecht.
Rechtsmittel: Die drei vermeintlichen Vereinsmitglieder können gegen das Verbot klagen. Zuständig für eine Klage wäre in erster und einziger Instanz das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Klagen gegen den Vollzug des Verbots haben keine aufschiebende Wirkung.
Strafverfolgung: Zunächst wurde gegen die drei Freiburger strafrechtlich nichts unternommen. Beim Verbot der rechtsextremistischen Webseite „Altermedia“ Anfang 2016 war das anders. Damals wurden die Betreiber zugleich als Mitglieder einer „kriminellen Vereinigung“ verhaftet. Die aktuellen Durchsuchungen von Freiburger Wohnungen und des autonomen Zentrums KTS erfolgten im Rahmen des Verbotsverfahrens, nicht im Rahmen einer Strafverfolgung. Ob der bloße Besitz von Waffen strafbar ist, wird noch untersucht.
Christian Rath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen