Eklat beim Alternativen Medienpreis: Mal nach dem Rechten schauen
Das Projekt „Kein Raum für Rechts“ lehnt die Ehrung ab. Denn ein anderer Preisträger ist in einem rechten Blog aktiv.
Über die Auszeichnung hatte sich das Team des Multimediaprojektes „Kein Raum für Rechts“ sehr gefreut. Die Tickets für die Anreise zur Verleihung des Alternativen Medienpreises in der Kategorie Geschichte waren schon gebucht. Doch die Preisträger Florian Manz, Andrea Röpke und Sebastian Heidelberger sind nicht gefahren.
„Nach der Freude kam die Verwunderung und wir entschieden, den Preis abzulehnen“, sagt Heidelberger. Ihr Motiv: ein weiterer Preisträger, Norbert Fleischer, Redakteur bei NuoViso.TV. „Das ist ein rechter Blog, der sozialen Unfrieden, Hass und Demagogie verbreitet“, sagt Heidelberger. „Wie könnten wir mit unserem Projekt zur Aufklärung gegen rechts authentisch bleiben, wenn wir bei diesem Preisträger wegschauen würden?“.
Das ist noch nie passiert in der 18-jährigen Geschichte des Preises: Nie hat jemand die Ehrung ausgeschlagen, nie stand ein Preisträger in der Kritik, sich zu weit rechts zu bewegen.
Heidelberger sagt, dass sie in einem Telefonat ihre Bedenken den Verantwortlichen vorgetragen und später in einer E-Mail die Beweggründe der Absage dargelegt hätten. „Diese tiefe Verstrickung von Herrn Fleischer war uns nicht bekannt“, sagt Gabriele Hooffacker von der Stiftung Journalistenakademie. Die Stiftung vergibt den Preis mit der Nürnberger Medienakademie, dem Kulturreferat der Stadt Nürnberg und der Deutschen Journalisteninnen- Journalistenunion in sechs Kategorien.
Die Jury hatte den Redakteur von NuoViso.TV in der Kategorie Macht für seinen Film „Ramstein – das letzte Gefecht“ ausgezeichnet. In dem Film, produziert von dem Blog, befasst sich Fleischer kritisch mit Drohneneinsätzen mitten in Deutschland. Erst am Abend der Preisverleihung, dem 2. Juni, sagt Hooffacker, sei ihr bewusst geworden, wie tief Fleischer bei NuoViso.TV verstrickt sei. Er war mit seinen Bruder Robert Fleischer, einem umstrittenen Ufologen angereist. Eine Aussage, die Röpke mehr als verwundert: „Wir haben sie doch informiert.“
Das „unabhängige und freie Internetportal“ – so NuoViso.TV über sich selbst – ist einschlägig wegen seiner esoterischen bis verschwörungsideologischen Filme bekannt. Im Programm findet sich das umstrittene Stück „Friedlich in die Katastrophe“ von „Atomrebell“ Holger Strohm.
Gespräche mit Strohm, der auch schon dem NPD-nahen Ökomagazin Umwelt & Aktiv ein Interview gab, und dem Journalisten Ken Jebsen, der nicht an die offizielle Darstellung des Terroranschlages vom 9/11 glaubt und das Onlineportal KenFM betreibt, können ebenso bei NuoViso.TV angeschaut werden. Auch ältere Berichte mit dem weit nach rechts gewanderten Herausgeber von Compact, Jürgen Elsässer. Aktuell berichten NuoViso.TV in einen Beitrag wohlwollend über die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“.
Gleich nach der Verleihung hielt das „Nürnberger Bündnis Nazistopp“ der Jury vor, die „undifferenzierte Sichtweise“ des Filmes – böse USA, gutes Russland – nicht berücksichtigt zu haben. Birgit Mair vom Bündnis wundert sich auch darüber, dass die Jury nicht bemerkt hätte, dass im Film eine rechte Quelle wohlwollend verwendet wurde und im Abspann der Song „Wir können hier was bewegen“ aus den „rechtsesoterischen Spektrum“ lief.
In einer schriftlichen Stellungnahme betonen die Preisgeber: Die Jury habe den Film bewertet, „nicht die Person des Autors und nicht die Videoplattform dahinter“. Eine Aussage, die Hooffacker nun gegenüber der taz relativiert: „Wir hätten da genauer schauen sollen, was wir nicht gemacht haben.“
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