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Polizei beobachtete Jugendzentrum KornAuf der Suche nach der PKK

Die Polizei Hannover hat das Unabhängige Jugendzentrum Kornstraße observiert. Dessen Unterstützer halten das für rechtswidrig und haben geklagt.

Ein Treffpunkt für PKK-Anhänger? Das Jugendzentrum Kornstraße. Foto: Andrea Scharpen

Hannover taz | Eine Wohnung gegenüber diente als Versteck. Von dort hatten die Beamten des Staatsschutzes den perfekten Blick auf das Unabhängige Jugendzentrum (UJZ) Kornstraße. An drei Tagen in den Jahren 2014 und 2015 observierten die Polizisten von dort den Eingang des bunt gestrichenen Gebäudes in Hannovers Nordstadt und machten Fotos.

Ihr Verdacht: Unterstützer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK sollen sich in den Räumen zu Versammlungen getroffen haben. Doch durften die Polizisten das Zentrum überhaupt beobachten? Das soll nun das Verwaltungsgericht Hannover klären.

Zwei Unterstützer der Korn, wie das UJZ Kornstraße genannt wird, haben gegen die Polizeidirektion Hannover geklagt. Die Kläger gehen davon aus, dass die Polizisten für den Vorwurf, es würden sich im Zentrum PKK-Anhänger versammeln, keinen Anfangsverdacht hatten. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass die Beamten das Zentrum, das bereits 1972 gegründet wurde und als ältestes autonomes Jugendzentrum Deutschlands gilt, ohne triftigen Grund beobachtet haben.

Das ist auch relevant, weil die Polizei am 11. Februar 2016 mit einem Großaufgebot das Zentrum durchsuchte. Für diese erste Razzia seit 20 Jahren im Jugendzentrum rückte sogar ein Spezialeinsatzkommando (SEK) an. Konkret lautete der Vorwurf: „verbotene Unterstützungshandlungen der PKK“. Die Unterstützer des UJZ Kornstraße protestierten gegen die Razzia mit mehreren Demonstrationen. Die Durchsuchung basierte letztlich auf den Erkenntnissen aus den vorangegangenen Observationen.

Karin Gedaschko von der Polizeidirektion Hannover hält die damalige Überwachung des Jugendzentrums für rechtmäßig. Die Beamten seien auf einen Eintrag in einem sozialen Netzwerk gestoßen – der allerdings nicht in den Akten vermerkt und damit auch nicht mehr nachvollziehbar ist. In diesem Eintrag soll angekündigt worden sein, dass sich PKK-Unterstützer in dem Zentrum treffen wollten.

„Wenn ein Polizist einen Verdacht hat, muss er handeln“, sagt Gedaschko und verweist auf das Polizeigesetz. Dort steht, dass die Polizei Daten von allen Menschen erheben kann, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist.

Doch eine Gefahr sei von dem Zentrum gar nicht ausgegangen, argumentiert der Anwalt der Korn-Unterstützer, Sven Adam. Die Polizei habe zu dem besagten Zeitpunkt nicht einmal Anhaltspunkte gehabt, dass sich in dem Jugendzentrum PKK-Anhänger aufgehalten haben sollen.

Dirk Wittenberg ist einer der beiden Kläger vor dem Verwaltungsgericht. Er ist beim Trägerverein des UJZ Kornstraße angestellt. Gegen ihn und andere vermeintlich Verantwortliche des selbstorganisierten Zentrums laufen gerade Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Lüneburg wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen das Vereinsgesetz. Dabei geht es wieder um die Frage, ob PKK-Unterstützer in der Kornstraße waren und wer sie herein gelassen hat.

Wittenberg weiß davon nichts. „Niemand läuft mit einem Schild PKK-Kader herum“, sagt er. Es hätten sich aber legale kurdische Jugendorganisationen, wie etwa der Verband kurdischer Studierender, in den Räumen getroffen.

Die Überwachung durch die Polizei sei ein „Versuch der Einschüchterung und eine generelle Kriminalisierung des Unabhängigen Jugendzentrums Kornstraße“, sagt Wittenberg.

Das Ordnungsamt Hannover hatte schon 2015 versucht, dem UJZ ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro aufzudrücken, weil es im Innenhof des Gebäudes ein Wandbild von Halim Dener gibt – zog das aber später wieder zurück.

Der kurdische Jugendliche Dener wurde 1994 in Hannover von einem Polizisten erschossen, als er für eine PKK-nahe Organisation Plakate am Steintor geklebt hatte. Derzeit laufen in der Stadt wieder Diskussionen über die Tat, weil in Hannover ein Platz nach ihm benannt werden soll (taz berichtete).

Die Polizei sieht auch das Wandbild im Hof der Korn als einen Hinweis darauf, dass es in dem Jugendzentrum PKK-Strukturen gibt. „Da ist offensichtlich vieles amtsbekannt“, sagt Gedaschko. Natürlich bekämen die Staatsschützer das mit. „Die Polizei weiß, auf welchen Plätzen Dealer stehen und in welchen Kneipen sich Ultras treffen, sonst würden sie ja ihren Job nicht machen.“ Es gehöre zu ihrer Arbeit hinzuschauen – auch in dem Fall der Kornstraße.

Den Verwaltungsrichtern aber sind die Fakten derzeit noch zu dünn. Sie gaben daher am Mittwoch dem Antrag der Kläger statt, die Polizisten, die das Zentrum 2014 und 2015 beobachtet haben, als Zeugen zu laden. Sie werden erklären müssen, warum sie die Kornstraße ins Visier genommen haben.

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