Reaktionen nach Angriff auf BVB-Bus: Ärger über Neuansetzung

Beim Spiel gegen Monaco war die Stimmung gut. Spieler und der Trainer kritisieren aber die UEFA. Inzwischen wurde ein Mann festgenommen.

Sechs Spieler des BVB stehen nach der Partie zusammen und blicken auf die Fans

Nuri Sahin (2. v. r.) sagte nach der Partie, bis zur Einwechslung habe er nicht an Fußball gedacht Foto: reuters

DORTMUND taz/afp/dpa | Nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund ist auch der zweite Mann, der im Visier der Ermittler war, nicht mehr unter Verdacht. „Der Tatverdacht hat sich nicht erhärtet“, sagte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft am Donnerstag. Es gebe keine Hinweise, dass der Mann in die Tat verwickelt sei. Im Verdacht war neben einem festgenommenen Iraker ein 28-jähriger Deutscher aus Fröndenberg im Kreis Unna. Die Wohnungen beider Männern waren durchsucht worden.

Auch gegen den 26-jährigen Iraker gibt es nach bisherigen Ermittlungen keine Beweise, dass er tatsächlich etwas mit dem Dortmunder Anschlag zu tun hat. Die obersten Ankläger beantragten allerdings gegen den mutmaßlichen IS-Kämpfer Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung beantragt. Er wurde am Donnerstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt. Die Hintergründe des Anschlags auf Borussia Dortmund sind somit weiter unklar.

„Islamisten“, lautete die Antwort der meisten vor dem Nachholspiel am Mittwoch Abend in Dortmund auf die Frage wer den Anschlag auf den Bus des BVB verübt habe. „Angst“ habe er nicht, sagt BVB-Fan Jan. Es seien „verrückte Zeiten“, in denen „immer und überall“ etwas passieren könne. Schade findet er es, dass nun auch bei so einem Spiel ein Polizeiaufgebot wie „sonst nur beim Derby“ anwesend sei. Natürlich drücke es die Stimmung, wenn überall Polizisten mit Maschinenpistolen stehen. Aber wenn angepfiffen wird, sei das egal. „Drinnen wird Gas gegeben“, sagt er und eilt davon, er muss noch einen Stehplatz auf der Südtribüne bekommen.

Auch die Fans aus Monaco sind wenig beeindruckt von den Ereignissen des Vorabends. Eine Fünfer-Gruppe, die sichtlich angeheitert am Stadion ankommt, erzählt von einem tollen Abend, den sie gestern zusammen mit BVB-Fans in einer Bar gehabt habe. Schlafplätze hätten die jungen Männer auch nicht gebraucht, da sie das Osterwochenende in Köln verbringen wollten. Aber alle seien sehr freundlich gewesen, hätten ihnen gezeigt wo die Schließfächer im Bahnhof seien und mit welchen Zügen sie fahren müssten.

Weniger fröhlich ging es nach der 2:3-Niederlage bei den Spielern von Borussia Dortmund und ihrem Trainer Thomas Tuchel zu. Tuchel ärgerte sich, nicht gefragt worden zu sein, wie er zur Neuansetzung der Partie für den Tag nach dem Anschlag stehe. Die UEFA habe das aus der Schweiz entschieden.

Watzke machte das Spiel zu gesellschaftlichem Zeichen

BVB-Verteidiger Sokratis sagte: „Wir wurden wie Tiere behandelt und nicht wie Menschen.“ Nach dem Spiel stand er mit Tränen in den Augen vor der Südtribüne und beklatschte die Fans für ihre Unterstützung. Nuri Sahin, Urgestein des BVB, sagte, bis zu seiner Einwechslung habe er nicht an Fußball gedacht. Auch er sieht die Neuansetzung kritisch. „Ich weiß, dass der Fußball wichtig ist. Und ich weiß, dass wir sehr viel Geld verdienen, ein privilegiertes Leben haben. Aber wir sind auch nur Menschen und es gibt sehr viel mehr als Fußball auf dieser Welt. Das haben wir vergangene Nacht gefühlt.“

Anders sahen das die BVB-Verantwortlichen vor dem Spiel. Präsident Reinhard Rauball erklärte, es handele sich um „Profis“, die den Anschlag „wegstecken“ könnten. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke überhöhte das Spiel gegenüber der Mannschaft zu einem Zeichen an die Gesellschaft, vor dem Terror nicht einzuknicken.

Antifa-Schreiben ein Fake

Für wenig authentisch hält derweil die Bundesanwaltschaft ein Bekennerschreiben zum Anschlag, dass auf der linken Internetplattform Indymedia veröffentlicht wurde. Unter dem Namen „Antifa“ wurde sich dort zu dem Anschlag bekannt und kritisiert, der BVB sei nicht aktiv genug gegen Neonazis.

Die Dortmunder Gruppe „Autonome Antifa 170“ äußerte sich gegenüber der taz zu dem Schreiben und dessen medialer Ausschlachtung: „Dass es sich bei dem anonymen Schreiben mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Fake handelt, hätte schon nach oberflächlicher Betrachtung der unsinnigen Gender-Formulierungen auffallen können. Der BVB und weite Teile der Fanszene engagieren sich in den letzten Jahren glaubwürdig und wirksam gegen Neonazis im Stadion und darüber hinaus, auch in Zusammenarbeit mit Antifaschistischen Initiativen. Um so erschreckender ist es, dass zahlreiche renommierte Medien diesem Schreiben auf den Leim gingen und die Arbeit derjenigen erledigen, die Antifaschistisches Engagement in die Nähe von Terrorismus rücken.“

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