piwik no script img

Land ist eben nicht gleich Bund

Kommentar

von Stefan Alberti

Müller mag nicht für R2G im Bundestag werben

Ob sie sich das so gedacht hatten, die rot-rot-grünen Netzwerker im Bundestag, als sie sich für ihr nächstes Treffen die beiden qua Regierungschefamt besten Kenner von R2G einluden? Bodo Ramelow von der Linkspartei und SPD-Mann Michael Müller sollen am Dienstag von ihren Erfahrungen berichten, wobei Müllers Einschätzung größere Bedeutung zukommt: Käme es zu einem solchen Bündnis auch auf Bundesebene, würde es wie in Berlin und anders als in Thüringen ein SPD-Mann führen. Dass dieser Mann nun keine Empfehlung abgeben mag, ist ein Dämpfer für die R2G-Lobby.

Dabei sind die Gründe, die Müller am Mittwoch bei einer ersten Bilanz seiner Koalition nannte, durchaus nicht neu: die Differenzen zwischen den Parteien bei der Außen- und Sicherheitspolitik und dass es für einen Landespolitiker schwierig sei, Empfehlungen für die Bundesebene abzugeben, vor allem, wenn er einen Stadtstaat regiert.

Unter großer Medienbeachtung waren die R2G-Netzwerker im Oktober erstmals offiziell zusammengekommen. Fast 100 Abgeordnete saßen zusammen, und auch der damalige SPD-Chef Sigmar Gabriel schaute vorbei. Nun heißt der Parteichef Martin Schulz, und von dem gab es jüngst mindestens genauso viele Signale Richtung Ampelkoalition mit Grünen und FDP wie Richtung R2G.

Dass auch Müller in seiner Koalition keine Blaupause für ein Bündnis auf Bundesebene sieht und zu ihrer Strahlkraft sagte, die lasse sich nach 100 Tagen nicht abschließend bewerten, ist ein weiterer Hieb für die Vordenker eines Linksbündnisses. Umso mehr, als zwei am gestrigen Mittwoch veröffentlichte neue Umfragen eine kurzzeitige Mehrheit für R2G wieder weiter wegrückten.

Ist Müller damit illoyal seinem eigenen Lager gegenüber? Nein, denn sein Verweis auf die unterschiedlichen Ebenen, auf Außen- und Sicherheitspolitik ist so alt wie berechtigt. Müller hat bei seinem R2G einen Pakt mit Leuten geschlossen, mit denen er sich aus jahrelanger Kenntnis eine Zusammenarbeit vorstellen konnte – nicht weniger, aber auch nicht mehr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen