Angriff auf die Freiheit der Wissenschaft

Ungarn Eine geplante Bildungsreform könnte für die Central European University das Aus bedeuten

Die Central European University in Budapest Foto: Foto:László Balogh/reuters

Aus Budapest Tibor Rácz

Die Ukrainerin Swetlana (ihren Nachnamen möchte sie nicht nennen) ist fassungslos. „Das Institut ist fantastisch genauso wie unsere Community. Wenn es hier nicht weitergeht, dann vielleicht in Wien oder Vilnius“, sagt sie.

Swetlana studiert Rechtswissenschaften an der Central European University (CEU) in Budapest – die einzige US-amerikanische Universität des Landes. Doch damit könnte es schon bald vorbei sein. Grund dafür ist ein Gesetz der rechtsnationalen Fidesz-Regierung für eine Reform des Hochschulwesens, das seit Dienstag dem ungarischen Parlament vorliegt.

Die Vorschrift sieht unter anderem vor, dass ausländische Hochschuleinrichtungen, deren Träger außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) angesiedelt sind, nur dann eine Zulassung erhalten, wenn ihr Träger auch im Herkunftsland eine Universität betreibt. Akademisches Personal aus Nicht-EU-Staaten muss künftig um eine Arbeitserlaubnis ersuchen, wovon es derzeit befreit ist. Künftig können ungarische Niederlassungen ausländischer Hochschulen keine nichteuropäischen Abschlüsse vergeben, die beispielsweise in der USA oder anderen nicht­euro­päischen OECD-Ländern anerkannt wären.

Die CEU, die 1991 gegründet wurde und rund 1.400 vor allem ausländische Studenten hat, ist im US-Bundesstaat New York registriert. Dort verfügt sie jedoch nicht über einen eigenen Campus. In Budapest besteht der Lehrkörper vorwiegend aus internationalen Fachleuten.

Der Rektor der CEU, Michael Ignatieff, sieht in dem Gesetzentwurf einen eindeutigen Angriff auf seine Hochschule. Das sagte er am Mittwoch bei einem Treffen mit Studenten. Am Abend folgte ein Gespräch mit dem Staatssekretär für Bildung, László Palkovics. Dieser zeigte sich uneinsichtig. Die Reform sei nicht speziell gegen die CEU beziehungsweise deren Gründer, den US-Milliardär George Soros, gerichtet. Die Regierung denke nicht daran, den Gesetzentwurf zurückzuziehen, sagte er laut ungarischen Nachrichtenagenturen.

„Wenn es hier nicht weitergeht, dann vielleicht in Vilnius“

Swetlana, JuraStudentin

Beobachter sehen in den jüngsten Reformplänen auch einen Schlag gegen Soros. Mit dessen Beziehungen zu Regierungschef Viktor Orbán steht es nicht zum Besten. Erst kürzlich hatte Orbán Soros vorgeworfen in Ungarn eine politische Rolle spielen zu wollen und die Einreise von Flüchtlingen nach Europa zu unterstützen. Ende vergangenen Jahres hatte Orbán zudem angekündigt, 2017 sollten die Soros nahestehenden Kräfte verdrängt werden. Gemeint sind damit auch von Soros unterstützte ungarische Nichtregierungsorganisationen, denen mit einer geplanten Novelle des NGO-Gesetzes das Leben schwer gemacht werden soll.

Pikant dabei ist, dass Orbán 1989/90 mit einem Soros-Stipendium in Oxford studierte. Am kommenden Samstag wollen Professoren und Studenten in Budapest für den Erhalt der CEU demonstrieren.

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