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Abgeordnete auf Spionageliste

Überwachung Türkischer Geheimdienst MIT interessiert sich für die CDU-Abgeordnete Demirbüken-Wegner. Der Grünen-Parlamentarier Mutlu fordert Wirtschaftssanktionen

von Stefan Alberti

Die Reinickendorfer CDU-Politikerin Emine Demirbüken-Wegner steht im Fokus des türkischen Geheimdienstes MIT: Auf einer offenbar rund 300 Namen umfassenden Spionageliste ist sie eine von zwei Parlamentarierinnen.

Die CDU-Landesvorsitzende Monika Grütters sieht darin „einen neuen Tiefpunkt in der Beziehung zur türkischen Regierung“. Der ebenfalls türkeistämmige Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu (Grüne) regte als Reaktion Wirtschaftssanktionen und den Stopp von Rüstungsexporten an. Neben Demirbüken-Wegner steht die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering auf der Liste: Sie ist Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe.

Demirbüken kam 2006 ins Abgeordnetenhaus, wurde 2011 in der rot-schwarzen Landesregierung Staatssekretärin für Gesundheit und ist seit Herbst erneut Abgeordnete. Dass die 55-Jährige im Visier des Geheimdienstes MIT steht, hat einen skurrilen Aspekt: Die lange Jahre von ihrem Mann geführte Berliner CDU-Mittelstandsvereinigung kürzt sich ebenfalls MIT ab.

Die Gründe für die Überwachung blieben am Donnerstag weitgehend offen – Demirbüken selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Florian Graf, sprach von einem „nicht zu akzeptierenden, unerträglichen Vorfall“ und einem „Angriff auf den deutschen Parlamentarismus“. Seine Fraktion werde die notwendige Aufklärung in den Ausschüssen für Sicherheit und Verfassungsschutz einfordern.

Demirbüken-Wegner, seit 1988 Integrationsbeauftragte im Bezirk Tempelhof-Schöneberg (beziehungsweise bis zur Bezirksfusion in Schöneberg), wurde 2004 als erste Türkeistämmige in den CDU-Bundesvorstand gewählt und später sogar ins Präsidium, den engeren Führungskreis. Das bedurfte jedoch der Unterstützung der Parteivorsitzenden Angela Merkel: Demirbüken-Wegner befürwortete einen – von vielen in der CDU abgelehnten – EU-Beitritt der Türkei und hatte sich gegen die Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft gewandt.

Gegenwind in Berlin erhielt sie unter anderem vom ebenfalls türkeistämmigen damaligen Chef der Jungen Union in Friedrichshain-Kreuzberg: „Es ist die falsche Wahl“, sagte Timur Husein 2004 zu ihrem Aufrücken in den Bundesvorstand. In der benachbarten Neuköllner CDU war Demirbüken zuvor gescheitert: „Sie passt nicht zu uns“, hieß es dort. Eine neue Heimat bot ihr Anfang der 2000er Jahre Frank Steffel, Chef der CDU in Reinickendorf, wo sie auch wohnt.

Konsequenzen gefordert

Die Gründe für die Überwachung blieben am Donnerstag weitgehend offen

Als Staatssekretärin für Gesundheit hinterließ sie keinen bleibenden Eindruck. Klaus Wowereit (SPD), Regierungschef in den ersten drei Jahren der rot-schwarzen Koalition, machte sich einmal vor Journalisten über die Stöckelschuhe der stets elegant gekleideten und wesentlich jünger wirkenden Demirbüken lustig. Angeblich hätte Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sie gegen Ende der Wahlperiode gerne ausgetauscht und hielt nur auf Druck aus der Partei an ihr fest.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Mutlu, mit dem Demirbüken-Wegner fünf Jahre lang zusammen im Abgeordnetenhaus saß, hält angesichts der Spionageliste den Umgang der Bundesregierung mit der Türkei für falsch. Die Türkei betreibe „permanent Grenzüberschreitungen“, sagte er im RBB. Weil härtere Reaktionen offenbar nicht erwägt werden, nehme die türkische Führung die deutsche Regierung „nicht mehr ernst“. Mutlu sprach sich deshalb dafür aus, „dass man ernsthaft über Wirtschaftssanktionen nachdenkt“.

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