„Gefahr in Form eines (Selbstmord-)Anschlages“

Terror Ein internes Schreiben im Fall Amri sorgt für neue Kritik an NRW-Innenminister Jäger

BERLIN dpa | Eine frühe behördliche Warnung vor dem Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri wirft neue Fragen auf. Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gesteuert und zwölf Menschen getötet.

Aus einem internen Vermerk geht hervor, dass das Landeskriminalamt schon im März das NRW-Innenministerium alarmiert hatte. Laut Bild am Sonntag heißt es in dem Schreiben, dass „nach den bislang vorliegenden, belastbaren Erkenntnissen zu prognostizieren ist, dass durch Amri eine terroristische Gefahr in Form eines (Selbstmord-)Anschlages ausgeht“. Das LKA habe eine Abschiebung vorgeschlagen. Als Beleg für Amris Gefährlichkeit habe unter anderem ein überwachter Chat gedient.

Amri hatte sich vor dem Anschlag fast anderthalb Jahre lang in Deutschland aufgehalten. Er nutzte mehr als ein Dutzend gefälschte Identitäten, wurde observiert und sogar kurz in Abschiebehaft genommen.

CDU und FDP warfen NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) erneut grobe Fahrlässigkeit und Versagen in dem Fall vor. Das Innenministerium wies die Vorwürfe zurück. Der interne LKA-Vermerk sei nicht neu, sondern in allen Ausschüssen bereits Thema gewesen, sagte Sprecher Ludger Harmeier am Sonntag. NRW habe aufgrund der Warnungen frühzeitig das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern eingeschaltet und ein Verfahren beim Generalbundesanwalt angeregt.

Im Kern geht es um die Frage, ob Amri hätte abgeschoben werden können. Harmeier sagte dazu, die rechtlichen Voraussetzungen für eine Abschiebung seien „nach übereinstimmender Einschätzung der mit dem Fall betrauten Gremien des Bundes und der Länder nicht gegeben“ gewesen.

Innenminister Jäger muss in der kommenden Woche vor dem Untersuchungsausschuss zum Terrorfall Amri im Landtag aussagen. Außerdem vernimmt der Ausschuss innerhalb von vier Tagen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Bundesinnenminister Thomas de Maizière sowie Generalbundesanwalt Peter Frank.