Trotz Gift im Grundwasser: Düngereform wieder verschoben

Die Unionsfraktion will mehr Ausnahmen im Düngerecht für Bauern herausschlagen. Dabei verschmutzen zu viele Nährstoffe das Wasser.

Ein Güllewagen bringt auf einem Feld Gülle aus.

Zu viel Gülle kann das Wasser verschmutzen und die Artenvielfalt schädigen Foto: dpa

BERLIN taz | Zum gefühlt 100. Mal hat die große Koalition die Bundestagsabstimmung über die Reform des Düngegesetzes verschoben. „Wird abgesetzt“ steht nun neben diesem Punkt der ursprünglichen Tagesordnung für die Plenarsitzung in dieser Woche.

Die Regeln für die Düngung in der Landwirtschaft müssen laut EU-Kommission dringend überarbeitet werden, weil die Bauern im Schnitt bedeutend mehr Stickstoffdünger auf die Felder ausbringen, als die Pflanzen aufnehmen können.

Das ist Wissenschaftlern zufolge der Hauptgrund dafür, dass 2014 in 18 Prozent der repräsentativ ausgewählten Grundwassermessstellen in Deutschland mehr der Stickstoffverbindung Nitrat war, als in Trinkwasser erlaubt ist. Leitungswasser wird meist aus den Reservoirs tief unter der Erde gewonnen. Nitrat wandelt sich im Körper teils in giftiges Nitrit um. Zudem trägt die Überdüngung dazu bei, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben.

Agrarminister Christian Schmidt (CSU) hatte zuletzt vor zwei Wochen stolz eine Einigung mit SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks sowie den Ländern über das Düngerecht verkündet. Doch nun will die Unionsfraktion nicht mitziehen, wie das Fachmagazin top agrar berichtet. Sie will, dass noch weniger Landwirte als bislang geplant ab 2018 eine „Stoffstrombilanz“ vorlegen müssen. Darin soll genauer und umfassender als bisher erfasst werden, wie viel Stickstoff die Betriebe in die Umwelt abgeben.

Umweltverbände fordern „wirksame Kontrollen“

Mithilfe der Zahlen könnten Verstöße gegen das Düngerecht wirksamer verfolgt werden. Nach dem letzten Kompromiss sollten diese Bilanz Betriebe mit mindestens 2,5 Großvieheinheiten (GV) pro Hektar und 2.000 Mastschweinen vorlegen. Eine GV sind rund 500 Kilogramm Tier, also zum Beispiel ein ausgewachsenes Rind. Obwohl auch bei 2,5 GV etwa in Niedersachsen dem dortigen Agrarministerium zufolge nur acht Prozent der Betriebe betroffen wären, verlangt die Union eine höhere Grenze.

Zudem wollen CDU/CSU das Bußgeld bei Verstößen auf 100.000 Euro statt die bisher vereinbarten 200.000 Euro begrenzen. Und die Union möchte offenbar bestimmte Reststoffe aus Biogasanlagen nicht in die Stoffstrombilanz einrechnen.

Greenpeace, WWF und andere Umweltverbände fordern, dass die Stoffstrombilanz so schnell wie möglich eingeführt wird, „um eine wirksame Kontrolle der Nährstoffströme zu gewährleisten“. Jede Ausnahme bedeute Kontrolllücken und fördere die Verklappung überschüssiger Gülle in die Umwelt.

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