NSU-Prozess dauert länger: Kein baldiges Ende

Im Münchner NSU-Prozess provozieren Verteidiger eines Angeklagten einen Eklat. Die Verhandlung könnte noch bis ins Jahr 2018 dauern.

Der gefüllte Saal des Landgerichts München

Verlängerung: Termine bis 2018 angefragt Foto: dpa

BERLIN taz | Seit dreieinhalb Jahren und 341 Prozesstagen wird vor dem Münchner Oberlandesgericht über die zehnfache NSU-Mordserie verhandelt. Ein Ende ist dennoch nicht absehbar – offenbar auch für Richter Manfred Götzl nicht. Denn der fragte nun in einem Schreiben bei den Prozessbeteiligten nach, ob sich die Verhandlungstermine „höchstvorsorglich“ bis Januar 2018 verlängern ließen.

Bereits jetzt war der Prozess bis zu diesem September terminiert. Ein Urteil bis dahin wurde von Beobachtern bislang durchaus für realistisch erachtet. Denn die Beweisaufnahme ist im Grunde erledigt: Alle zentralen Zeugen sind angehört, alle Anklagepunkte abgearbeitet. Zuletzt stellte auch der Psychiater Henning Saß sein Gutachten über Beate Zschäpe vor und attestierte ihr volle Schuldfähigkeit – normalerweise ein Schlusspunkt der Beweisaufnahme.

Nur: Noch immer stellen Verteidiger der fünf Angeklagten und Nebenklageanwälte Beweisanträge. Götzl appellierte zuletzt, ausstehende Anträge „zügig“ zu stellen. Diesen Auftrag nutzten die Verteidiger des als NSU-Waffenbeschaffer angeklagten Ralf Wohlleben für eine Provokation.

Sie stellten diese Woche den Antrag, einen Demografieforscher zu laden, der einen bevorstehenden deutschen „Volkstod“ nachweisen solle, unter anderem durch das „massenhafte Einwandern Nichtdeutscher“. Ermittler hatten bei Wohlleben ein Feuerzeug mit der Parole „Volkstod stoppen“ gefunden, das als Nachweis für dessen rassistische Gesinnung im Prozess diskutiert wurde.

Rund ein Dutzend Opferanwälte verließ bei Verlesung des Antrags aus Protest den Saal – eine Premiere im Prozess. „Die neofaschistische Geisteshaltung Ralf Wohllebens ist damit geklärt“, sagte Nebenklageanwalt Mehmet Daimagüler der taz. Sein Kollege Yavuz Narin sprach von einer „Verhöhnung“ der Opfer der NSU-Morde. „Das war Neonazi-Propaganda, wie wir sie in diesem Prozess noch nicht erlebt haben.“

Die Wohlleben-Verteidiger, die der rechtsextremen Szene nahestehen, hatten schon zu einem früheren Zeitpunkt im Prozess beantragt, den Tod des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß aufzuklären.

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