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Terroranschlag mit Lkw in JerusalemPalästinenser tötet vier Israelis

Ein Palästinenser fährt laut Polizei „spontan“ mit einem Lkw in eine Gruppe von Soldaten an einem Ausflugsort in Jerusalem. Die Hamas ist begeistert.

Polizisten und Rettungskräfte untersuchen den Tatort Foto: reuters

Jerusalem taz | Drei Soldatinnen und ein Soldat, alle Anfang 20, sind bei einem Terroranschlag mit einem Lastwagen in Jerusalem getötet worden. 17 weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Der palästinensische Angreifer wurde von anderen Soldaten erschossen, wie die isralische Polizei bestätigte.

Der Mann aus Ostjerusalem lenkte sein Fahrzeug am Sonntagmittag an einer beliebten Promenade im Bezirk Armon Hanaziv, die einen guten Blick auf die Jerusalemer Altstadt bietet, direkt in die Gruppe der Soldaten. Anschließend setzte er mit dem Lastwagen zurück, um ihn erneut in die Gruppe zu rammen und weitere Menschen zu töten, bevor er selbst erschossen wurde. Mehrere Verletzte waren zunächst unter dem Lastwagen eingeklemmt.

Der Anschlag hat nur insofern Ähnlichkeit mit dem Attentat vom Berliner Weihnachtsmarkt vor drei Wochen, als es sich in beiden Fällen um einen Lastwagen handelt. Das Fahrzeug des Palästinensers hatte einen Kran geladen. Während in Berlin die Tat geplant war, agierte der palästinensische Terrorist, wie die Polizei vermutet, spontan, als er die Soldaten sah.

„Soweit wir wissen, beschleunigte er sein Fahrzeug, als er die Gruppe bemerkte, die aus einem Bus an der Promenade stieg“, erklärte eine Polizeisprecherin. Dazu kommt, dass er im Gegensatz zum Attentäter von Berlin nicht vom Tatort floh, sondern offenbar einkalkulierte, dass er den Anschlag selbst nicht überleben würde.

Netanjahu macht IS verantwortlich

Der Mann war den Sicherheitsdiensten bekannt. Ersten Informationen zufolge, gehörte er der Hamas an und war mindestens einmal im Gefängnis. Nach Aussagen von Polizeichef Roni Alscheich habe es dennoch keine nachrichtendienstlichen Indizien für einen geplanten Anschlag gegeben. Die Polizei verhängte eine Nachrichtensperre über die Ermittlungen.

Palästinensischen Informationen zufolge, handelt es sich um den 28jährigen Fadi Ahmad Hamdan Al Kunbar aus dem Ostjerusalemer Bezirk Dschabel Mukabir, der unmittelbar an Armon Haniziv angrenzt. Berichten des israelischen Hörfunks zufolge durchsuchte die Polizei das Elternhaus Al Kunbars und verhaftete einen seiner Brüder.

Der Lastwagenanschlag ist seit langem das mit Abstand schlimmste Attentat in der Stadt. Israel ist seit Herbst 2015 mit einer Serie der zumeist mit Messern verübten Gewalttagen konfrontiert. In der Regel wird der Angreifer noch am Tatort erschossen. Nach einer inoffiziellen Zählung wurden seit dem 1. Oktober 2015 40 Israelis, zwei US-Bürger, ein Jordanier, ein Eritreer und ein Sudanese sowie 247 Palästinenser getötet.

„Natürliche Reaktion“

Angefangen hatte die neue Terrorwelle mit einem Streit über Besuchsrechte für Juden und Muslime am Tempelberg. Israel macht vor allem die von muslimischen Extremisten über soziale Netzwerke verbreitete Hetze für die Anschläge verantwortlich. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zufolge deute alles darauf hin, dass der Attentäter ein Unterstützer der Extremistenmiliz war. „Wir kennen seine Identität“, sagte er.

In einer Mitteilung der Hamas ist von einem „heroischen und mutigen Lastwagen-Anschlag“ die Rede, der eine „natürliche Reaktion auf die Verbrechen der israelischen Besatzung“ sei. Nickolay Mladenow, UN-Sonderkoordinator für den Friedensprozess, beeilte sich mit einer Verurteilung des Anschlags. An Terror gäbe es „nichts Heroisches“, heißt es in der Mitteilung des Sondergesandten der UN.

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10 Kommentare

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  • 8G
    80580 (Profil gelöscht)

    Tja, wie das Leben so spielt. Für diesen Beitrag mußte ich die ganze TAZ durchsuchen, bis ich den gut versteckten Artikel endlich gefunden habe. Bei dem verurteilten israelischen Soldaten gab es Artikel und markige Kommentare an prominenter Stelle zuhauf.

  • 1G
    1393 (Profil gelöscht)

    Solange Israel in Palästina hinter der Grünen Linie seine seit Jahrzehnten ausgeübten Raub- & Menschenrechtsverbrechen an den Palästinensischen Besatzungsopfern begeht, werden solche Attentate niemals enden.

     

    Wenn Israelische Gewalt aus dem Gebiet jenseits von Israel verschwindet, wie aus dem Sinai und aus dem Libanon, dann gibt es auch Ruhe.

     

    Man kann hier zwar verbergen, warum diese Attentate geschenen, indem man hier den Menschen verschweigt, was unser Gericht IGH zu den Verbrechen Israels sagt

    http://www.icj-cij.org/docket/files/131/1677.pdf

     

    , aber damit tut man weder Israel, noch den Palästinensischen Opfern Israelischer Besatzung einen Gefallen. Denn so gibt man Israel das Gefühl, seine Verbrechen weiter wie die letzten Jahrzehnte straffrei ausüben zu dürfen und den palästinensischen Besatzungsopferndas Gefühl, ohne Gewalt ihre Völkerrecht brechenden israelischen Peiniger nicht los werden zu können.

     

    Für diese Gewalt gegen Besatzungspeoiiniger gibt es dann mörderische Bestrafungsaktionen, wie z.B. Protective Edge mit Massenmord und Kriegsverbrechen, die dann wiederum Spontanattentate wie obiges erklären.

     

    Aber wer mag schon sachliche Erklärungen und Wertungen, die auf eigenen Gesetzen beruhen, solange man dem "Moslem" die Schuld so mühelos unterschieben kann. Bizarr wird es dann, wenn man aber gleichzeitig den hiesigen Rassismus gegen Moslems verurteilt, den man mit der Verweigerung von Informationen zu den Verbrechen gegen Moslems mit schürt.

  • 1G
    1393 (Profil gelöscht)

    Es ist schon tragisch, dass in der gesamten Nachrichtenwelt Deutschlands völlig unter den Tisch gekehrt wird, wer wo in welcher Funktion ermordet worden ist.

     

    Es waren die Soldaten der Besatzer, die in Palästina die Raub- & Menschenrechtsverbrechen, die vom IGH als solche dokumentiert sind, mit Anwendung von Gewalt durchsetzen

    http://www.icj-cij.org/docket/index.php?pr=71&code=mwp&p1=3&p2=4&p3=6&ca

     

    Das rechtfertigt zwar keinesfalls das Morden der Besatzersoldaten, aber es ist nunmal was anderes, wenn für die Ausübung Raub- & Menschenrechtsverbrechen eingesetzte Soldaten von ihren Besatzungsopfern

    http://www.btselem.org/topic/accountability

     

    angegriffen werden, als wenn ein Irrer Islamist in Berlin Zivilisten ermordet.

     

    So verweigert man den Palästinensern das Recht, um ihre Menschenrechte gegen ihre Menschenrechtsräuber zu kämpfen. So gibt man den Völkerrechtsverbrechen ausübenden Besatzern das Gefühl, weiter ungestraft Verbrechen an ihren Besatzungsgeiseln ausüben zu dürfen.

     

    Es wird nicht mehr lange dauern, bis der ISTGH Israelische Kriegsverbrecher verurteilen werden muss. Ob das bzgl. den vielen Israelischen Morden während Protective Edge geschehen wird, oder für die vom IGH festgestellten Verbrechen, ist dann letztendlich egal. Aber es wird sich nicht vermeiden lassen, dass auch hier in Deutschland Menschen erfahren werden, was ihnen zuvor verheimlicht wurde, und wer wo wie zensiert hat.

  • "Seitenhieb"

     

    Was heißt hier Seitenhieb? Die Besetzung und Vertreibung ist nunmal Mitursache des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern.

     

    Amris Attentat hat seine Ursache im Konflikt zwischen westlichen und islamischen Werten.

     

    Gesellschaften, die sich auf derartige Auseinandersetzungen einlassen, brauchen sich über die Folgen nicht zu wundern. (nur ärgern)

     

    Wer sich auf derartige

    • @A. Müllermilch:

      Ach dann ist der Jud also selber schuld das man Ihn ermordet. So wurde schon einmal argumentiert.

      • 1G
        1393 (Profil gelöscht)
        @Test123:

        Nunja, so hat man vor kurzem tatsächlich argumentiert, aber nur mit dem Moslem. Der war z.B. während Protective Edge "selber Schuld", dass Israel mit Bomben auf Wohnhäusern hunderte Kinder & Frauen ermorden "musste".

        http://www.btselem.org/2014_gaza_conflict/en/

        Wenn Israel aufghört, auf fremden Gebiet in Palästina hinter der Grünen Linie Verbrechen zu begehen und verschwindet, wie im Sinai oder im Libanon, dann wird es auch mit den Palästinensern Frieden geben.

      • @Test123:

        Schwachsinn. Es geht um Israelis - Staat - und nicht um Juden - Religion.

         

        Eine Mitschuld des israelischen Staates an der ausweglosen Lage der Palästinenser ist aber bei aller Symphatie für die Israelis und bei aller Skepsis gegenüber den Palästinensern nicht völlig auszuschließen.

         

        Es gab mal Friedensverhandlungen die ralativ weit gediehen waren. Die damals von den Palästinensern abgelehnte Lösung wäre der einzig erfolgversprechende Weg zur Befriedung des Konflikts. Davon ist die heutige israelische Regierung weit entfernt.

        • @A. Müllermilch:

          Der Attentäter hat die "ausweglose Lage" der Palästinenser zweifellos verbessert, oder?. Solange die Palästinenser auf Figuren wie die von der Hamas setzen, wird ihre Lage, nicht zu Unrecht, ausweglos bleiben.

  • Mein Beileid! Die Taz lernt dazu. Dieses mal ist es nicht ein LKW der mordet. Klassisch Taz auch mal wieder der Seitenhieb im letzten Absatz.

    • @Test123:

      Dann schreibt die Deutsche Presse-Agentur also im klassischen TAZ Stil.