: Wie gefährlich ist die NPD heute noch?
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT Jetzt wird entschieden, ob das Parteiverbot der Rechtsextremisten kommt
In den letzten Wochen hat in der Fachöffentlichkeit die Erwartung zugenommen, dass die NPD womöglich nicht verboten wird. Die Partei sei inzwischen zu schwach, um noch eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie darzustellen, argumentieren manche. Denn im September verlor sie in Mecklenburg-Vorpommern ihre letzten Landtagsmandate.
Auch bei der mündlichen Verhandlung im März am Bundesverfassungsgericht gelang es dem Bundesrat nicht, eine akut drohende Gefahr durch die NPD zu belegen. Genüsslich las der federführende Verfassungsrichter Peter Müller aus den Verfassungsschutzberichten der Länder vor, dass die NPD in manchen Ländern „nahezu keine Aktivitäten“ mehr entfalte. „Wo ist da eine Gefahr?“, fragte Müller, „wie kann da eine ‚Atmosphäre der Angst‘ entstehen“?
Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht bei den zwei bisherigen Parteiverboten gegen die rechte SRP (1952) und die kommunistische KPD (1956) auch keine „konkrete“ Gefahr für die Demokratie verlangt. Und in der mündlichen Verhandlung im März deutete kein Richter an, dass das Gericht dies heute anders sieht. Für ein Verbot spricht auch, dass die Richter im Dezember 2015 die mündliche Verhandlung anordneten. Das ist nur vorgesehen, wenn sie den Verbotsantrag als „hinreichend begründet“ und ein Verbot als wahrscheinlich ansehen.
Inhaltlich stützte sich die Verbotsforderung des Bundesrats vor allem auf den Vorwurf, die NPD habe eine ethnisch homogene „Volksgemeinschaft“ als Ziel. Die NPD beteuerte in der Verhandlung zwar, dass ihre Vorstellung von Volksgemeinschaft auch eingebürgerte Deutsche umfasst. Die Verfassungsrichter nahmen ihr das aber nicht ab. „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, sagte etwa Richter Herbert Landau.
Sollte die NPD für verfassungswidrig erklärt werden, wäre sie mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Ihr Vermögen könnte eingezogen werden.
Ersatzorganisationen dürften nicht gegründet werden. Exparteichef Udo Voigt würde sein Mandat im Europaparlament verlieren. Auch die rund 360 Kommunalwahlmandate wären wohl weg. Wo dies nicht in den Landesgesetzen vorgesehen ist, könnte Karlsruhe es explizit anordnen. Christian Rath
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