Bundesregierung hormonell noch ziemlich unschlüssig

Umwelthormone Die EU-Kommission hat endlich Kriterien für Hormonschadstoffe vorgeschlagen

„Die Regierung darf das Problem nicht länger ignorieren“

Peter Meiwald, Grüne

BERLIN taz | Kurz vor der EU-Beratung über die Regulierung von hormonell wirkenden Stoffen ist immer noch unklar, welche Meinung die Bundesregierung vertritt. „Die Prüfung des Vorschlags der Europäischen Kommission ist noch nicht abgeschlossen“, heißt es in einer Anfrage. Die Grünen kritisieren das: Die Regierung dürfe „das Problem nicht länger ignorieren“ und müsse sich für eine Überarbeitung des Vorschlags einsetzen, so MdB Peter Meiwald. Tatsächlich haben Länder wie Frankreich, Schweden und Dänemark bereits bestimmte hormonell wirksame Stoffe verboten. Betroffen sind Stoffe wie Bisphenol A, Phthalate und Vinclozolin. Die Chemikalien sollen auf den menschlichen Hormonhaushalt einwirken und Krankheiten wie Hoden- und Prostatakrebs, Diabetes und Adipositas auslösen. Sie befinden sich unter anderem in Konservendosen, Pflanzenschutzmitteln und Kosmetika.

Mit zwei Jahren Verspätung hat die Europäische Kommission im Juni einen Vorschlag gemacht, welche Kriterien entscheiden, ob eine Substanz als Hormonschadstoffe gewertet wird. Nun ist der Europäische Rat der Mitgliedsländer und somit die Bundesregierung am Zug, wenn sie sich Ende September über den Vorschlag beraten.

Laut dem Vorschlag der EU-Kommission muss zukünftig nachgewiesen werden, dass eine Substanz „kausal“ für die Schädigung des Hormonsystems verantwortlich ist. Für die Grünen widerspricht das dem Vorsorgeprinzip der Europäischen Union. Durch den Nachweis der Kausalität würden „zu hohe Anforderungen“ gestellt.

Dem schließt sich Manuel Fernández von der Umweltschutzorganisation BUND an: „Statt die Unternehmen zu drängen, Alternativen zu suchen, wird die Beweislast bei den Tests höher“, sagt er. Der Beweis sei oft schwierig, weil sich die Hormonschadstoffe bei Menschen sehr unterschiedlich auswirken. Positives und Negatives sieht Frauke Stock vom Umweltbundesamt (UBA) in dem Vorschlag der Kommission. Der Vorschlag gehe „prinzipiell in die richtige Richtung“, jedoch kritisiert sie unter anderem, dass „höherwertige Tests“ – das sind beispielsweise Feldversuche von Unternehmen – vorrangig vor den normalen Labortests zur Beweisführung verwendet würden. Sie hofft, dass sich die Vorlage verändert wird. Ob die deutsche Regierung dabei eine Rolle spielt, ist ungewiss. Jonas Achorner