Syrien-Hilfe

Die Menschen in Aleppo brauchen Hilfe. Aber wie soll sie in die eingeschlossene Stadt gelangen?

Russland richtet sich langfristig in Syrien ein

Vormacht Bundesaußenminister Steinmeier streitet mit seinem russischen Kollegen über den Umgang mit Aleppo

MOSKAU taz | Russlands Außenminister Sergei Lawrow ließ beim Treffen mit seinem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier in Jekaterinburg keine Zweifel aufkommen. Eine Ausweitung der Waffenpause im umkämpften syrischen Aleppo werde es nicht geben, lehnte Lawrow Berlins Anliegen ab.

Lawrow begründete diese Härte mit den Unwägbarkeiten für die Militärs. Niemand könne garantieren, dass humanitäre Erleichterungen nicht von der Gegenseite militärisch genutzt würden. Lawrow betonte, dass Moskau alle Anti-Assad-Kräfte, die mit Islamisten zusammenarbeiten, als Terroristen sehe.

Vergangene Woche hatte Moskau eine tägliche dreistündige Feuerpause angekündigt und Fluchtkorridore in Aussicht gestellt – verschiedene Quellen in und um Aleppo dementierten, dass dies tatsächlich eingetreten ist. Fast zeitgleich mussten Regierungstruppen durch den Ausbruch oppositioneller Rebellen aus dem Belagerungsring eine Schlappe einstecken. Und damit auch Russland, das die Armee aus der Luft unterstützt.

Der Kreml hält am syrischen Präsidenten Baschar al-Assad fest. Der scheint inzwischen auf mehr als ein Rumpfsyrien zu schielen, und Moskau richtet sich auf Dauer im Land ein. Das Verteidigungsministerium teilte unlängst den Ausbau einer Luftwaffenbasis mit allen Verteidigungseinrichtungen nach dem letzten Stand der Technik in Chmeimim im Westen Syriens mit. In der Umgebung soll eine Stadt für Armeeangehörige entstehen. Damaskus habe Russland das Anwesen kostenlos und für unbestimmte Zeit überlassen. Das Gebiet unterstehe bereits russischer Gerichtsbarkeit, hieß es in der russischen Tageszeitung Iswestija.

Saudi-Arabien und die Golfstaaten reagierten auf diese Pläne beunruhigt. In dem Stützpunkt würden Nuklearwaffen und schwere Bomber stationiert, sagte der russische Senator Franz Klinzewitsch vom Sicherheitsausschuss des Föderationsrats. Allerdings nicht auf Dauer, da dies internationale Vereinbarungen verletzen würde. Es handle sich um notwendige Maßnahmen, da mit Terrorangriffen gerechnet werden müsse, sagte Klinzewitsch. Leider sei der Westen zu einem gemeinsamen Vorgehen nicht bereit, daher stärke Russland die Beziehungen zu Syrien, zum Iran und zum Irak.

Neue Allianzen

Der Kreml hofft überdies auch Ägypten für den Ausbau seines Einflusses im Nahen Osten gewinnen zu können. Die Beziehungen zwischen Kairo und den USA haben sich zuletzt empfindlich abgekühlt. Selbst Israel machte dem Kreml in letzter Zeit Avancen. Unklar ist, ob sich Russland mit der Türkei einigen kann. Nach der Versöhnungsreise des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan nach St. Petersburg vergangene Woche verlautete aus beiden Hauptstädten, Expertengruppen würden sich des Syrien-Themas annehmen. Zunächst geht es Russland um internationale Kontrollen an den Grenzübergängen von der Türkei nach Syrien, um das Einsickern von Rebellen ins Kriegsgebiet zu verhindern. Das Ziel, im Nahen Osten zur Führungsmacht aufzusteigen, vermindert Moskaus Kompromissbereitschaft.

Klaus-Helge Donath