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Großrazzia in der Hafenstraße

Tabu-Bruch

Das gab es seit 20 Jahren nicht mehr: Ein Großaufgebot von 260 PolizistInnen und Spezialkräften mit Maschinenpistolen hat am Montagabend die ehemals besetzten Häuser an der Hafenstraße in Hamburg-St. Pauli gestürmt und das Wohnprojekt „Plan B“ durchsucht.

Die Federführung dieses Spektakels lag bei der neuen „Task Force Drogen“, und die Grundlage war ein – zwei Monate zuvor erwirkter – Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts. Dem lag der vage Verdacht zur „Beihilfe“ des Drogenhandels zugrunde, dass womöglich ein „noch nicht identifizierter Wohnungsinhaber“ im Vorgarten der Häuserzeile schwarzafrikanischen Drogendealern geholfen haben könnte. Und so richtete sich das Augenmerk der Razzia mehr auf die anwesenden Personen im Vorgarten als auf die Durchsuchung der „Plan B“-Räume, in denen nichts gefunden wurde. 34 Afrikaner wurden vorübergehend festgenommen, bei ihnen sind laut Polizei 50 Tütchen mit insgesamt 91 Gramm Marihuana und neun Kügelchen Kokain sichergestellt worden.

Seitdem erhitzen sich die Gemüter. Die Linken-Abgeordnete Christiane Schneider verurteilte den „bürgerkriegsähnlichen Polizeieinsatz“, der rassistische Merkmale aufweise und forderte trotz Sommerpause eine Sondersitzung des Innenausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft. Der Landeschef der Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders, forderte von Schneider für das Schwingen der „Rassismuskeule“ eine Entschuldigung; seine Leute hätten nur einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss umgesetzt.

Allabendlich kommt es seither zu Demonstrationen gegen Polizeiwillkür und die „rassistische Säuberung“ St. Paulis, zuletzt vor der Wohnung von Innensenator Andy Grote (SPD). Der schweigt zu dem Polizeieinsatz, der professionell von einer handvoll Polizisten hätte abgearbeitet werden können. KVA

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