De Maizières Lügen über Flüchtlinge: Opposition fordert Rücktritt
Im Bundestag nimmt De Maizière seine unbelegte Verdächtigung gegen Ärzte nicht zurück. Linke und Grüne fordern ihn zum Rücktritt auf.
De Maizière bedauerte seine jüngsten Äußerungen, blieb aber dabei, dass er die Probleme mit ärztlichen Gutachten für Flüchtlinge insgesamt korrekt benannt habe. „Sie sind real.“ Es gebe tatsächlich „merkwürdig hohe Krankenstände unter Asylbewerbern“. Neben Medizinern machte der Minister auch Rechtsanwälten von Flüchtlingen Vorwürfe.
Er hatte Ärzten am Wochenende in einem Zeitungsinterview unterstellt, dass sie Asylbewerbern zu oft ungerechtfertigt Atteste ausstellten und sie damit vor Abschiebungen bewahrten. „Es kann nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt werden.“
Göring-Eckardt betonte, solche Äußerungen seien „Brennstoff für den Hass, der unser Land derzeit verzehrt“. De Maizière sei „ein Innenminister, der ganz offensichtlich Politik aus dem Bauch heraus macht“. Der Linke-Politiker Jan Korte sagte mit Blick auf den wachsenden Rechtspopulismus in Deutschland: „Die AfD braucht keine Plakate, solange es solche Minister gibt.“
Der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci mahnte De Maizière: „Wenn Sie eine Behauptung nicht belegen können (…), müssen Sie sie richtig zurücknehmen.“ Der Minister laufe mit seinen Vorwürfen gegen Flüchtlinge „immer wieder in diese Falle“. So werde das soziale Klima im Land vergiftet. Der Unions-Experte Stephan Harbarth (CDU) warf der Opposition hingegen „Realitätsferne, Realitätsverweigerung und Realitätsverlust“ in der Flüchtlingsdebatte vor.
Keine Auskünfte zur Statistik
Die Linksfraktion untermauerte ihre massive Kritik am Innenminister unter Berufung auf eine eigene Anfrage zu dem Thema: De Maizière habe „eine völlig frei erfundene Zahl zu angeblich falschen Attesten bei Abschiebungen in die Welt gesetzt, und auch im Nachhinein kann er keinerlei empirische Belege für seine Behauptung nennen“, sagte die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke.
In der Antwort aus dem Ministerium heißt es: „Bundesweite Durchschnittszahlen zu der genauen Attestquote gibt es nicht.“ Es lägen aber „zahlreiche Berichte und Untersuchungen aus der Praxis der für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen Länder vor, die erhebliche praktische Probleme belegen“.
Jelpke kritisierte, in der Stellungnahme werde „vor allem auf eine Erhebung unter Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2011 eingegangen“. Hier tauche einmal die Zahl 70 Prozent auf. Zu der vom Minister auch genannten Gruppe der unter 40-jährigen Männer „gibt es in der längeren Antwort überhaupt keine Auskünfte“.
Am Ende heiße es nur vage, „dass die „stichprobenartigen Untersuchungen“ nahe legen würden, dass „ein hoher Anteil“ der Ausreisepflichtigen im Vorfeld einer Abschiebung Atteste vorlegen würde“.
Jelpke zitierte einen Satz aus der Ministeriumsantwort, den de Maizière selbst ähnlich verwendet: Derart hohe Krankenstände widersprächen „der allgemeinen Lebenserfahrung zur gesundheitlichen Verfasstheit gerade von jüngeren Menschen“. Die Bundesregierung berücksichtige damit überhaupt nicht die Traumata vieler Flüchtlinge.
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