Rudolf Balmer über Sicherheit im Fußballstadion: Dann lieber ganz ohne Publikum
Es ist einfach, den französischen Organisatoren der Fußball-EM Vorwürfe zu machen. Natürlich war vorherzusehen, dass es in Marseille beim Spiel England – Russland krachen würde. Und dass es bei dieser Begegnung Probleme mit Hooligans geben würde. Die Behörden hatten zwar besonders viele Polizeikräfte rund um das Stadion und in der Innenstadt postiert. Doch es war ebenso abzusehen, dass das nicht reichen würde, wenn gegnerische Gruppen entschlossen waren, den Austragungsort Marseille in ein Schlachtfeld zu verwandeln. Das haben sie nun auch in drastischer und brutaler Weise demonstriert.
Vielleicht hat man in Frankreich die Wirksamkeit der internationalen Präventionsarbeit gegen Hooligangewalt überschätzt. Auch über die polizeiliche Eingreiftaktik lässt sich diskutieren. Hingegen ist es wirklich zu billig, die ganze Schuld an der Gewalt dem Alkohol in die Schuhe zu schieben. Vom Verkaufsverbot alkoholischer Getränke an den Spieltagen darf man darum sicher keine Wunder erwarten. Genauso naiv wäre es, zu meinen, dass sich diese Schlägergruppen, die mit Fußball wenig bis nichts am Hut haben, sondern speziell für Fights mit ihren Erzfeinden anreisen, von der Uefa-Drohung mit Disqualifikation der jeweiligen Mannschaften beeindrucken lassen.
Braucht es in Paris also noch mehr Ordnungskräfte, noch mehr Kontrollen? Nein. In Frankreich ist die Freiheit und damit auch der Spaß am Sport bereits eingeschränkt genug durch die herrschenden Notstandsgesetze. Niemand hat Lust, als Zuschauer einem Polizeistaat als Alibi seiner Sicherheitspolitik zu dienen. Um Spaß und Sicherheit gleichermaßen zu gewährleisten, hilft nur eins: Wenn den Hooligans nicht anders beizukommen ist, dann wäre es gescheiter, die Spiele abseits und ohne Publikum zu organisieren. Wenigstens kann so niemand den Zuschauern, die den Fußball gefahrlos am Bildschirm verfolgen, verbieten, dazu Bier zu trinken.
EM-taz
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