: Scheitert das Gesetzgegen korrupte Ärzte?
BUNDESTAG SPD will Koalitionskompromiss stoppen, weil sie Lücken im Gesetzentwurf sieht
Das Gesetz wurde nötig, nachdem der Bundesgerichtshof 2012 feststellte, dass die Bestechung von Ärzten bisher in Deutschland nicht strafbar ist. Die Bundesregierung legte deshalb im Oktober 2015 einen Gesetzentwurf vor, der diese Lücke schließen soll.
Mit dem neuen Paragrafen 299a („Bestechung im Gesundheitswesen“) soll es künftig strafbar sein, einem Arzt Vorteile dafür zu gewähren, dass er bestimmte Medikamente verschreibt, bestimmte medizinische Apparate verordnet oder einer Klinik bestimmte Patienten übermittelt.
Dabei sollte einerseits der Fall erfasst werden, dass der Arzt aufgrund der Bestechung ein Unternehmen im Wettbewerb gegenüber einem anderen bevorzugt. Für Fälle ohne Wettbewerb sollte außerdem auf die Verletzung der „berufsrechtlichen Pflicht“ abgestellt werden, welche die ärztliche Unabhängigkeit wahren soll.
Die CDU hat kurz vor Ostern aber durchgesetzt, dass der Bezug auf die berufsrechtlichen Pflichten gestrichen wird. In einer Anhörung im Dezember hatte vor allem der Verband der forschenden Pharmaunternehmen „verfassungsrechtliche Zweifel“ formuliert. Andere Sachverständige wie Peter Schneiderhan vom Deutschen Richterbund sahen keine Verfassungsprobleme.
Die SPD-Rechtspolitiker akzeptierten die Streichung jedoch, weil im Gegenzug die CDU dem SPD-Wunsch zustimmte, die Ärztekorruption vom Antragsdelikt zum Offizialdelikt zu machen. Im Änderungsantrag der Koalition wird außerdem argumentiert, dass der Bezug auf das Berufsrecht überflüssig sei, denn selbst bei patentierten Medikamenten bestehe Wettbewerb, etwa durch Therapiealternativen oder Importe aus anderen Staaten. Man dürfe an den Wettbewerb eben „keine zu strengen Maßstäbe“ anlegen, heißt es im neuen Koalitionsantrag, der der taz vorliegt.
Die SPD-Gesundheitspolitiker befürchten jedoch, dass doch Strafbarkeitslücken entstehen, und wollen die Verabschiedung des Gesetzes in der jetzigen Form verhindern. Auch der Spitzenverband der Krankenkassen warnt laut Süddeutscher Zeitung, dass die neue Strafvorschrift durch den Koalitionskompromiss „extrem eingeschränkt“ wird.
Bis Donnerstag wollen sich die Kontrahenten noch einigen. Christian Rath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen