Gesetz gegen Menschenhandel: Strafen für rücksichtslose Freier
Kunden von Zwangsprostituierten sollen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Spätere Anzeigen bei der Polizei schützen sie vor Sanktionen.
Bestraft werden soll, wer sexuelle Handlungen mit einer Zwangsprostituierten vornimmt und dabei deren persönliche oder wirtschaftliche Zwangslage oder deren Hilflosigkeit im Ausland ausnutzt. Strafe droht also nur bei vorsätzlichem Handeln, wobei „bedingter Vorsatz“ genügt. Das heißt: Der Täter muss entweder wissen, dass es sich um eine Zwangsprostituierte handelt, oder es billigend in Kauf nehmen.
Dem Justizministerium ist klar, dass es dabei Beweisprobleme geben kann. Solche Probleme könnten aber kein Grund sein, generell auf die Bestrafung dieses Verhaltens zu verzichten, heißt es in der Begründung des Regierungsvorschlags. Immerhin könne es auch eindeutige Fälle geben, in denen die erwartbare Ausrede des Freiers, er habe gar nichts geahnt, offensichtlich eine „Schutzbehauptung“ ist. Dazu rechnet das Ministerium, wenn das Opfer den Täter ausdrücklich um Hilfe bittet, wenn beim Opfer „Merkmale von Gewaltanwendung“ zu sehen sind oder es in einem „stark eingeschüchterten Zustand“ ist.
Wenn den Freier zu Hause dann die Reue packt und er die Polizei auf die mutmaßliche Zwangsprostituierte hinweist, soll er allerdings straffrei ausgehen. Die neue Freierstrafbarkeit soll künftig in Paragraf 232a Absatz 6 des Strafgesetzbuchs geregelt sein.
Straftaten benennen
Der Gesetzentwurf zur Strafbarkeit des Menschenhandels geht auf eine EU-Richtlinie von 2011 zurück, die 2013 umgesetzt hätte sein müssen. Deren Anforderungen genügt das deutsche Recht allerdings bereits ganz überwiegend. Nach Auffassung der Bundesregierung sollte die Strafbarkeit des Menschenhandels nur um Fälle erweitert werden, in denen es um Organentnahme oder Bettelei geht.
Der Rechtsausschuss hat inzwischen aber vorgeschlagen, das deutsche Recht übersichtlicher zu gliedern und nun ausdrücklich Straftaten wie „Ausbeutung der Arbeitskraft“, „Zwangsarbeit“ und „Zwangsprostitution“ zu benennen. Diese Vorschläge nahm die Bundesregierung in ihren Formulierungsvorschlag ebenfalls auf.
Parallel dazu läuft ein anderes Gesetzgebungsverfahren zum „Prostituiertenschutzgesetz“. Hier werden Anforderungen an Bordellbetreiber benannt und Anmeldepflichten für Prostituierte geschaffen.
In der französischen Nationalversammlung wurde am Mittwochnachmittag über ein Gesetz abgestimmt, laut dem Kunden von Prostituierten generell bis zu 1.500 Euro Strafe zahlen müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann