Strafen für rücksichtslose Freier

Strafrecht Bundesregierung will Kunden von Zwangsprostituierten ins Gefängnis bringen. Spätere Anzeige bei der Polizei schützt Sexkäufer aber vor Sanktionen

Polizeirazzia vor einem Bordell in Oberhausen Foto: Jochen Tack/imago

von Christian Rath

BERLIN taz | Freier, die die Notlage von Zwangsprostituierten ausnutzen, sollen künftig mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Einen entsprechenden Vorschlag hat die Bundesregierung am Mittwoch beschlossen. Er soll vom Bundestag in einen bereits 2015 vorgelegten Gesetzentwurf zur Bestrafung von Menschenhandel eingebaut werden.

Bestraft werden soll, wer sexuelle Handlungen mit einer Zwangsprostituierten vornimmt und dabei deren persönliche oder wirtschaftliche Zwangslage oder deren Hilflosigkeit im Ausland ausnutzt. Strafe droht also nur bei vorsätzlichem Handeln, wobei „bedingter Vorsatz“ genügt. Das heißt: Der Täter muss entweder wissen, dass es sich um eine Zwangsprostituierte handelt, oder es billigend in Kauf nehmen.

Dem Justizministerium ist klar, dass es dabei Beweisprobleme geben kann. Solche Probleme könnten aber kein Grund sein, generell auf die Bestrafung dieses Verhaltens zu verzichten, heißt es in der Begründung des Regierungsvorschlags. Immerhin könne es auch eindeutige Fälle geben, in denen die erwartbare Ausrede des Freiers, er habe gar nichts geahnt, offensichtlich eine „Schutzbehauptung“ ist. Dazu rechnet das Ministerium, wenn das Opfer den Täter ausdrücklich um Hilfe bittet, wenn beim Opfer „Merkmale von Gewaltanwendung“ zu sehen sind oder es in einem „stark eingeschüchterten Zustand“ ist.

Wenn den Freier zu Hause dann die Reue packt und er die Polizei auf die mutmaßliche Zwangsprostituierte hinweist, soll er allerdings straffrei ausgehen. Die neue Freierstrafbarkeit soll künftig in Paragraf 232a Absatz 6 des Strafgesetzbuchs geregelt sein.

Der Gesetzentwurf zur Strafbarkeit des Menschenhandels geht auf eine EU-Richtlinie von 2011 zurück, die 2013 umgesetzt hätte sein müssen. Deren ­Anforderungen genügt das deutsche Recht allerdings bereits ganz überwiegend. Nach Auffassung der Bundesregierung sollte die Strafbarkeit des Menschenhandels nur um Fälle erweitert werden, in denen es um Organentnahme oder Bettelei geht.

Der Rechtsausschuss hat inzwischen aber vorgeschlagen, das deutsche Recht übersichtlicher zu gliedern und nun ausdrücklich Straftaten wie „Ausbeutung der Arbeitskraft“, „Zwangsarbeit“ und „Zwangsprostitution“ zu benennen. Diese Vorschläge nahm die ­Bundesregierung in ihren Formulierungsvorschlag ebenfalls auf.

Dem Justizminis­terium ist klar, dass es Beweisprobleme geben kann

Parallel dazu läuft ein anderes Gesetzgebungsverfahren zum „Prostituiertenschutz­gesetz“. Hier werden Anforderungen an Bordellbetreiber benannt und Anmeldepflichten für Prostituierte geschaffen.

In der französischen Nationalversammlung wurde am Mittwochnachmittag über ein Gesetz abgestimmt, laut dem Kunden von Prostituierten generell bis zu 1.500 Euro Strafe zahlen müssen.

Meinung + Diskussion