: CDU entdeckt Familienteile
Ehegattensplitting Eltern sollen mehr Geld bekommen. So will es die Hamburger CDU. Auf ihrem Landesparteitag berät sie über ein sogenanntes Familienteilsplitting
Von Jean-Philipp Baeck undSimone Schmollack
Familien sollen durch das Konzept finanziell bessergestellt werden. Teilsplitting nennen die Hamburger den Vorschlag deshalb, weil ausdrücklich nur von Ehepartnern die Rede ist und nicht von unverheirateten Eltern. Das wäre das klassische Familiensplitting, so wie es dies etwa in Frankreich gibt.
Der Streit um das Ehegattensplitting ist alt und ideologisch äußerst aufgeladen. Dabei werden Ehepaare gemeinsam steuerlich veranlagt. Ein Ehepaar mit einem Alleinverdiener und einem monatlichen Einkommen von rund 3.500 Euro kann so etwa 3.000 Euro Steuern im Jahr sparen. Der Staat subventioniert dieses Lebensmodell jährlich mit rund 20 Milliarden Euro.
Frauenverbände, aber auch PolitikerInnen von SPD und Grünen kritisieren das Modell seit Langem, weil es die klassische Einverdienerehe fördert und damit traditionelle Rollenbilder festigt. Kritisiert wird außerdem, dass beim Ehegattensplitting Kinder überhaupt keine Rolle spielen. Gefördert werden also Ehen und nicht Familien. CDU und CSU halten auf Bundesebene indes am Ehegattensplitting fest, auch weil von einer Streichung des Splittingvorteils Millionen von Haushalten betroffen wären.
Marcus Weinberg, CDU
Das Hamburger Modell wäre eine leichte Fortentwicklung. Das Familienteilsplitting sei „kein Frontalangriff auf die Ehe, sondern eine Modifizierung des heutigen Systems“, sagte Marcus Weinberg, familienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der taz. Der Staat müsse berücksichtigen, wenn Partner Verantwortung füreinander übernehmen, so Weinberg, der maßgebliche Autor des Papiers. Weinberg spricht von einer Anpassung an die „gesellschaftspolitische Realität“, die das Teilsplitting nun leisten solle. André Trepoll, Hamburger CDU-Fraktionschef, fügt hinzu: „Wir müssen Konsequenzen daraus ziehen, dass sich seit den 50er Jahren das Gesellschaftsmodell geändert hat.“
Die künftigen Steuervorteile nach Vorhaben der Hamburger CDU berechnen sich unter anderem so: Der bisherige Splittingfaktor von 1,0 für jeden Erwachsenen soll auf 0,8 gesenkt werden, Kinder sollen mit einem Faktor von 0,5 bedacht werden. Damit ergibt sich für eine dreiköpfige Familie ein Splittingfaktor von 2,1. Mit jedem weiteren Kind würde sich der Faktor um 0,5 erhöhen. Damit würden Familien mit Kindern mehr Geld in der Haushaltskasse haben als bisher. Zusätzlich zum Teilsplitting präferiert die Hamburger CDU einen höheren Kinderfreibetrag.
„Was wir vorschlagen, soll Kinder in Familien stärker entlasten“, sagt Weinberg. Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern, deren Armutsrisiko vielfach höher ist als bei anderen Familien, sollen besser vor einem sozialen Aus bewahrt werden. Dass der Leitantrag auf dem Landesparteitag angenommen wird, gilt als wahrscheinlich. Für die Bundes-CDU hat das freilich noch keine direkten Folgen. Es zeigt allerdings an, wohin der familienpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Bundestag drängt: ein bisschen näher in die urbane Mitte, ein bisschen mehr in die Gegenwart.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen