Flüchtlinge in Clausnitz: Heimleiter mit Schlagseite

Ein AfD-Mann betreibt die Unterkunft in Clausnitz, vor der Rechte pöbelten. Im November sprach er als Redner auf einer Anti-Asyl-Kundgebung.

Flüchtlingsunterkunft mit verschneitem Zugang

Die Arbeitsstätte von AfD-Mann Hetze: Flüchtlingsunterkunft in Clausnitz Foto: dpa

Am Sonntag taucht Thomas Hetze ab. An sein Handy geht der 57-Jährige nicht mehr. Zuvor teilte er Journalisten mit: Er dürfe nichts mehr sagen. Order vom Landratsamt.

Die Behörde wird wissen, warum. Denn Hetze, Bauingenieur und zweifacher Vater aus dem kleinen Erzgebirgsort Holzhau, ist Betreiber der Flüchtlingsunterkunft in Clausnitz – und was für einer.

Noch im November stand er vor dem Landratsamt in Freiberg, vor sich mehrere hundert Flüchtlingsgegner. Er sei „ein ganz normaler Bürger“, sagte Hetze. Er habe nichts gegen politisch Verfolgte, ins Land aber komme ein „ungezügelter hunderttausendfacher Einmarsch von Wirtschaftsflüchtlingen“. Dies sei Folge eines „amerikanischen Masterplans“, um Europa zu schwächen. Und Hetze gab den Zuhörern eine Handlungsempfehlung: Gegen dieses „Verbrechen an der deutschen Nation“ sei „alles Mögliche, auch unkonventioneller Art, notwendig“.

Es war Hetzes bis dahin prominentester Auftritt. Zweimal hatte er sich zuvor in seiner Heimat politisch ausprobiert, beide Male erfolglos. Bürgermeister wollte er werden, zuletzt im Juni 2015 als Parteiloser für die FDP. Hetze warb mit seinem „besonderen Organisationstalent“ und seinem „Menschenverstand“. Eines seiner Hauptziele: die „Wahrung des kulturellen Erbes Erzgebirge“.

Inzwischen ist Hetze AfD-Mitglied. Im Dezember organisierte er für die Partei einen Stammtisch in Holzau. Thema: „Asyl und andere politische Amokfahrten“. Als im Januar eine Einwohnerversammlung in Clausnitz gegen die Unterkunft Sturm lief, saß auch Hetze auf dem Podium. Seine Doppelrolle verteidigte er: Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun. Er sei eben mit der Politik in Deutschland unzufrieden. Und die Flüchtlinge würden sich ja selbst versorgen.

Der Landkreis, der Hetze einstellte, sieht die Sache entspannt. Von Hetzes AfD-Mitgliedschaft habe man nichts gewusst, sagte der Leiter der Asylstabsstelle der Süddeutschen. Hetze habe sich aber als qualifiziert erwiesen. Solange dieser keine Rechtsverstöße begehe, „gibt es keine Probleme.“

Allerdings: Hetze wusste vorab von der Ankunft der Flüchtlinge in Clausnitz. Ein Umstand, der den sächsischen Grünen-Landeschef Jürgen Kasek den Verdacht äußern lässt, der Betreiber selbst sei es gewesen, der die Info an die späteren Pöbler „durchsickern“ ließ. Auch dazu ist am Sonntag nichts von Hetze zu erfahren. Er darf nun in dem Clausnitzer Heim die Politik praktisch umsetzen, die er ablehnt.

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