: CSU weltoffen: „Wir zwingen niemanden, Tracht zu tragen“
INTEGRATIONWährend die bayerische Regierung Drohbriefe an Kanzlerin Merkel schickt, erklärt CSU-Ministerin Ilse Aigner im taz-Interview, was eine gesetzliche „Leitkultur“ soll

Die CSU-geführte bayerische Landesregierung verschickte am Dienstag einen Brief an Merkel, in dem sie ihren Protest gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zum Ausdruck bringt. „Wir haben es hier mit Rechtsverletzungen zu tun, und die müssen abgestellt werden“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer gegenüber dpa. Gemeint ist die Praxis der Bundesregierung, Geflüchtete nach Deutschland einreisen zu lassen, die nach der Dublin-Verordnung und der Drittstaatenregelung abgewiesen werden könnten. In ihrem Brief erneuert die bayerische Regierung ihre Forderung, diese Flüchtlinge abzuweisen, also de facto die Grenzen zu schließen und sich auf eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen zu verständigen. Merkel müsse „unverzüglich“ handeln. Anderenfalls droht Seehofer in dem Brief mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.
Der Brief sorgte in Berlin bereits vor seinem Eintreffen für Empörung. „Das ist die Ankündigung des Koalitionsbruchs“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, „in einer Koalition schreibt man keine Drohbriefe, sondern löst Probleme.“ Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen erklärte: „Ich bin auch für direkte Kommunikation, die wir ja auch permanent haben.“ Kein Grund für Briefe also. Vor den CSU-Forderungen warnt er: Intensive Grenzsicherungen hätten einen „sofortigen Dominoeffekt“ zur Folge, einen Rückstau, vielleicht sogar eine humanitäre Katastrophe. Die meisten CDU-Regierungspolitiker bleiben bei der Merkel-Linie: Anstehende EU-Konsultationen sollen abgewartet werden.
Die CSU plant unterdessen, die deutsche Leitkultur in der bayerischen Landesverfassung festzuschreiben. Dafür tritt auch Seehofer-Vize Aigner ein. „Keine Sorge“, beruhigt sie jedoch im taz-Interview, „wir werden niemanden zwingen, Tracht zu tragen.“ CRS, LKW
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen