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„Ich freue mich auf das Baby“

Asyl Das erste Baby der 33-jährigen syrischen Journalistin Dima al-Bitar Kalaji wird als Flüchtling geboren werden: ohne Staatsbürgerschaft, ohne Großeltern

Interview Alke Wierth

taz: Frau Kalaji, Sie schreiben einen Blog über Ihre Schwangerschaft als syrische Geflüchtete in Berlin. Worum geht es da?

Dima al-Bitar Kalaji:Das Gesundheitssystem hier ist sehr anders als in Syrien. Als ich erfahren habe, dass ich schwanger bin, habe ich im Internet nach Informationen gesucht, aber nichts in arabischer Sprache gefunden. Und Deutsch ist noch sehr mühsam für mich zu verstehen. Aber ich habe Informationen in Englisch gefunden, und ich mache auch eigene Erfahrungen und schreibe darüber. Es kommen jetzt viele Frauen aus Syrien her und können anfangs nicht gut Deutsch. Für sie schreibe ich das auf.

Was zum Beispiel?

Ich habe zum Beispiel den Mutterpass übersetzt, auch Briefe, die Schwangere von der Versicherung bekommen. Ich schreibe aber auch über mich selbst, die körperlichen Veränderungen, die Entwicklung des Babys, meine Erfahrungen, mein erstes Kind in dieser speziellen Situation zu bekommen.

Was sind die wichtigsten Unterschiede bei den Gesundheitssystemen?

Vor allem die Krankenversicherung. Die meisten Menschen in Syrien haben keine. Sie wissen zwar, dass sie hier eine haben, aber sie sind sich vieler Dinge, die die Versicherung für Schwangere anbietet, nicht bewusst. In Syrien ist es so, dass ein Frauenarzt die Schwangere von Anfang an betreut und auch mit ins Krankenhaus kommt. Hebammen gibt es nur in sehr abgelegenen ländlichen Gegenden. Seit Ausbruch des Krieges bringen dort die meisten Frauen ihre Babys per Kaiserschnitt zur Welt. Denn ein fester Termin garantiert: Es ist ein Arzt da, es gibt Strom. Wartet man auf den Zeitpunkt der natürlichen Geburt, hat man diese Sicherheit nicht.

Wie finden Sie die Versorgung hier?

Beeindruckend. Es gibt viele Institutionen, die werdende Mütter beraten. Die Krankenversicherung bietet Gymnastikkurse für Schwangere an, das ist auch großartig. Es gibt Kindergeld und Mutterschutz, Frauen müssen keine Angst haben, dass sie ihren Job verlieren, wenn sie ein Kind bekommen. Und ich habe gelernt, wie wichtig es ist, früh genug einen Kitaplatz zu suchen.

Was fällt Ihnen besonders auf?

Mein Mann und ich haben noch nicht angefangen, uns um die Babyausstattung zu kümmern. Aber eine Freundin, die vor einiger Zeit ein Baby bekommen hat, musste fast nichts kaufen. Sie hat alles von Freunden bekommen. Das ist wirklich toll, es macht den Eindruck, dass die Leute hier gut zusammenhalten. Und das hat nach meiner Beobachtung nichts damit zu tun, ob sie reich oder arm sind.

Dann ist das Bloggen auch eine Art soziologische Studie?

Ja, man lernt viel. Ich gehe in diese Onlinecommunitys und lese, welche Fragen werdende Mütter haben. Und ich stelle fest, dass alle, egal wo sie herkommen, die gleichen Fragen haben.

Sie bekommen Ihr erstes Kind in der Fremde, Ihr Mann ist zwar hier, aber sonst niemand aus Ihrer Familie. Macht es das schwerer für Sie?

Ja. In Syrien geht eine Frau, wenn sie ihr erstes Baby bekommen hat, üblicherweise zu ihrer Mutter, oder die Mutter kommt zu ihr und bleibt, bis die Tochter vertraut ist mit all diesen Babysachen. Ja, ich würde mich etwas wohler fühlen, wenn meine Mutter hier wäre. Das ist schwierig für mich, dass ich für alles selbst sorgen muss. Wir haben Freunde hier, aber hier sind alle immer sehr beschäftigt. Es scheint nicht leicht zu sein, jemanden anzurufen, damit er einfach mal vorbeikommt.

Dima al-Bitar Kalaji

33, Journalistin, ist seit November 2013 in Deutschland. Auf ihrem Blog „Dima plus 1“ schreibt sie über das Schwangersein in der Frem-de. Ihr Baby kommt voraussichtlich Anfang Mai.

https://dimaplusone.wordpress.com/

Haben Sie auch Angst?

Natürlich. Ein Baby zu bekommen verändert das Leben. Ich frage mich, ob ich eine gute Mutter sein werde. Und ich möchte unbedingt besser Deutsch lernen, damit es nicht irgendwann zwischen mir und meinem Kind eine Distanz gibt.

Was bedeutet die Situation der Flucht für Sie, Ihren Mann und Ihr Baby?

Unser Kind wird keine Staatsangehörigkeit haben, als politische Flüchtlinge können wir die syrische Botschaft nicht kontaktieren. Es wird unsere Familien nicht kennenlernen, die syrische Kultur wird ihm fremd sein. Es wird hier aufwachsen, wir wissen nicht, für wie lange, vielleicht für immer. Es kann auch sein, dass wir eines Tages zurückgehen wollen, und unser Kind bleibt hier.

Sind Sie auch glücklich?

Ja ich bin auch glücklich und freue mich auf das Baby. Aber es ist nicht so leicht, in diesem Zustand zu leben: nicht richtig hier und nicht mehr dort. Ich möchte das nicht. Deshalb brauche ich die Hoffnung, eines Tages zurückkehren zu können. Gleichzeitig sehe ich es als Chance, hier sein zu können. ­Syrien wird uns eines Tages brauchen, um es wieder aufzubauen.

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