: Drei belagerte Orte evakuiert
SYRIEN Mit lokalen Abkommen zwischen Regierung und Rebellen hofft die UNO, Fakten zu schaffen, die letztlich in einen landesweiten Waffenstillstand münden sollen
Von Beate Seel
Vereinbarungen zwischen Vertretern des Regimes und bewaffneten Gruppen gab es schon öfter. Für eingeschlossene und ausgehungerte Zivilisten und Kämpfer sind solche Abmachungen meist aus der Not geboren. Nach Schätzungen der UNO leben derzeit 400.000 Menschen in belagerten Orten, die kaum Zugang zu Lebensmitteln oder medizinischer Versorgung haben. Zuletzt verließen Anfang Dezember im Rahmen einer Übereinkunft die letzten bewaffneten Oppositionsgruppen den Stadtteil Waer in der ehemaligen Oppositionshochburg Homs.
Vergangene Woche ließ sich erstmals der „Islamische Staat“ (IS) in Damaskus auf ein derartiges Abkommen ein und verpflichtete sich, aus dem palästinensischen Flüchtlingslager Jarmuk und dessen Umgebung abzuziehen. Der Deal mit dem Regime sah vor, dass 2.000 Kämpfer des IS und anderer Gruppen in 18 Bussen in die Stadt Rakka, die IS-Hochburg im Osten des Landes, evakuiert werden. Für die Route – sie führt durch eine Region, die von der Miliz Armee des Islam kontrolliert wird – wurde freies Geleit zugesichert. Doch nachdem am Freitag der Chef der Gruppe bei einem Bombenangriff starb, wurde das Abkommen zunächst ausgesetzt. Die Armee des Islam bekämpft sowohl Assad als auch den IS.
Der Deal wäre ein Erfolg für Präsident Baschar al-Assad gewesen. Damit wäre die Kontrolle über ein Gebiet, das nur vier Kilometer südlichen des Stadtzentrums von Damaskus liegt, wieder an das Regime gefallen. Für die UNO stehen diese Initiativen in einem größeren Kontext. Zum einen geht es darum, den Evakuierten endlich humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. Zum anderen könnte eine zunehmende Zahl befriedeter Orte die Chancen für einen landesweiten Waffenstillstand ebnen – eine Voraussetzung für die Umsetzung des Friedensplans der UNO, der in einer demokratischen Wahl 2017 mündet. Allerdings stellt sich auch die Frage, ob die Evakuierungen einer Neuordnung der Bevölkerung gemäß religiöser Zugehörigkeiten Vorschub leisten. Syrien ist ein mehrheitlich sunnitisches Land mit zahlreichen Minderheiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen