Die Standhafte

Geichstellung Elke Ferner macht sich in der SPD gerade sehr unbeliebt. Schafft sie es, die Doppelspitze durchzusetzen?

Will den eigenen Anspruch in ihrer Partei verwirklicht sehen: Elke Ferner Foto: Michael Kappeler/dpa

aus Berlin Ulrich Schulte

„Ich und nicht kämpfen? Kommt nicht in die Tüte.“ Elke Ferner, 57, SPD-Staatssekretärin im Familienministerium, hennarote Kurzhaarfrisur und Hornbrille, stemmt die Hände in die Taschen und wirkt so, als mache ihr das Ganze auch noch Spaß. Ihr sei klar gewesen, dass die Doppelspitze kein Selbstläufer werde. Schließlich mache sie seit über 30 Jahren Gleichstellungspolitik. „Ich wurde von den SPD-Frauen nicht dafür gewählt, Everybodys Darling zu sein.“

Ferners Mission klingt einfach, ist es aber nicht. Sie will der SPD auf dem Parteitag, der ab heute in einer Berliner Messehalle stattfindet, mehr Modernität einhauchen. Ferner wirbt dafür, einen Satz in die Bundessatzung einzufügen, der Doppelspitzen erlaubt. Wenn die 600 Delegierten den Antrag annehmen, dann wären zwei gleichberechtigte Vorsitzende möglich, ein Mann und eine Frau. Sigmar und Gabriele, witzeln Sozis gerne. Aber auch Landesverbände und Ortsvereine könnten sich dann darauf berufen.

Es wäre eine Revolution in der SPD, die gut 150 Jahre auf dem Buckel hat, aber noch nie von einer Frau geführt wurde. Nur in jedem vierten SPD-Kreisverband ist eine Frau Chefin, bei den Ortsvereinen sind es noch weniger. Unter den Mitgliedern sind nur 31 Prozent weiblich.

Ferner wischt in ihrem Büro vergnügt auf ihrem Tablet herum. Die SPD-Frauen haben eine Facebook-Seite für die Doppelspitze geschaltet. Darauf steht ein altes Wahlplakat, ein Arbeiter neben einer Arbeiterin, beide halten eine Fahne – „Doppelspitze jetzt ermög­lichen!“. Die Seite hat 1.280 Likes, Stand Mittwochnachmittag. An der Basis findet die Idee Anklang. Manche Jusogruppe hat längst eine Doppelspitze, erst neulich hat ein Ortsverein im hessischen Hohenstein-Born ein Team aus Mann und Frau gewählt.

Ferner baut bei ihrem Kampf auf zwei Verbündete. Erstens hat sie das SPD-Programm im Rücken. Die Sozialdemokraten kämpfen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie wollen sich um die gestresste Generation zwischen 30 und 45 kümmern, die sich zwischen Kindern, Job und zu pflegenden Eltern aufreibt.

Ferner wendet die Argumente auf die SPD an. „Was wir fordern, sollten wir uns auch im eigenen Laden trauen.“ Anspruch und Wirklichkeit müssten zusammenpassen. Viele junge Leute und gerade Frauen schreckten davor zurück, sich die Verantwortung für einen Ortsverein alleine ans Bein zu binden. Warum keine Arbeitsteilung erlauben?

Zweitens kann Ferner auf die SPD-Frauen setzen, zumindest in der Theorie. Sie ist die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), in der die 150.000 weiblichen Mitglieder organisiert sind. Doppelspitzen gäben der SPD ein weiblicheres Gesicht, davon ist Ferner überzeugt.

Nur in jedem vierten SPD-Kreisverband gibt es eine Chefin. Das soll sich ändern

Die Idee klang so gut, dass Gabriel sie sofort unterstützte, als der Antrag der SPD-Frauen Ende Oktober öffentlich wurde. Es schien gut zu laufen für Ferner. Bis sich die Antragskommission traf, die die Linien für den Parteitag festlegt. Einige Vorstandsmitglieder sitzen darin, vor allem aber Entsandte aus den Ländern und Bezirken.

In dieser Sitzung flogen Ferner alle Vorurteile um die Ohren, die seit den 80ern gegen Doppelspitzen kommen. Die Reibungsverluste. Der Absprachebedarf. Nur ein einziger Chef könne eine schlüssige Linie vorgeben, grummelten die Genossen. Kritiker wie Generalsekretärin Yasmin Fahimi oder der Hesse Thorsten Schäfer-Gümbel verwiesenen auf sich angeblich widersprechende Doppelspitzen bei den Grünen, sie zweifelten am Sinn.

Das Argument ist ziemlich unfair, denn Ferner und die SPD-Frauen setzen ausdrücklich auf Freiwilligkeit. Ein Ortsverein, der mit dem Mann an der Spitze glücklich ist, dürfte das bleiben. Man könnte es so sehen: Als die SPD verstanden hatte, dass die Doppelspitze tatsächlich kommen könnte, hat sie tief ein- und ausgeatmet. Der Hauch, der bei Ferner ankam, roch nach Leberwurst, Irish Moos und Cordsakko.

Elke Ferner wäre nicht Elke Ferner, wenn sie nicht optimistisch bliebe. Die Delegierten wüssten, wie aufreibend die Arbeit im Ortsverein sein könne, sagt sie. „Ich glaube, wir können gewinnen.“