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Beate Zschäpe im NSU-ProzessUnd sie spricht doch

Zweieinhalb Jahre hat Beate Zschäpe im NSU-Prozess geschwiegen. Nun will sie am Mittwoch doch noch aussagen.

Doch was passiert, wenn sie den Mund aufmacht? Foto: dpa

Berlin taz | 242 Prozesstage hatte Beate Zschäpe geschwiegen. Kein Wort, als die Bundesanwaltschaft die Anklage wegen Mittäterschaft an den zehn Morden des NSU verlas. Kein Wort, als Angehörige der Opfer ihr Leid vortrugen. Kein Wort, als es um die Obduktionen von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos ging, mit denen sie jahrelang im Untergrund lebte.

Das wird sich nun ändern. Am Montag bestätigte Zschäpes Verteidiger Mathias Grasel der taz, dass er am Mittwoch für die Hauptangeklagte im NSU-Prozess in München eine „ausführliche Einlassung“ verlesen wird. Weiter wollte sich Grasel nicht äußern: Da müsse man sich „leider gedulden“.

Damit steht der Prozess vor einer Wende. Verhandlungstag um Verhandlungstag hatte das Gericht bisher versucht, die Anklage der Bundesanwaltschaft zu untermauern. Diese wirft Zschäpe die Mittäterschaft an den zehn Morden, zwei Sprengstoffanschlägen und fünfzehn Raubüberfällen des NSU vor. Und alles sah nach einem Schuldspruch für Zschäpe aus.

Zuletzt hatte Richter Manfred Götzl gleich reihenweise Beweisanträge der Nebenklageanwälte abgewiesen: Für die Schuldfrage hätten diese keine Bedeutung mehr. Ein Hinweis, dass sich Götzl sein Urteil schon gebildet hatte. Und das ging in Richtung Verurteilung: Mehrmals etwa hatte er die Entlassung des Mitangeklagten Ralf Wohlleben aus der U-Haft abgelehnt – wegen der zu erwartenden hohen Strafe.

Für Zschäpe wurde die Zeit also knapp, um das Ruder noch herumzureißen. Zuletzt verstärkten sich Gerüchte über eine Aussage. Wiederholt hatte sich ihr Anwalt Grasel lange mit dem Senat besprochen. Grasel war erst im Juli, nach einem erneuten Zerwürfnis Zschäpes mit ihren ursprünglichen drei Anwälten, als vierter Verteidiger ernannt worden. Und schon damals hatte er eine Aussage seiner Mandantin nicht ausgeschlossen. Das bisherige Verteidigertrio war offenbar nicht in den Plan eingeweiht. Sie hatten Zschäpe stets geraten, keine Aussage zu machen.

Ob ihr die Aussage hilft?

Zschäpe selbst hatte allerdings schon im Juni in einem Schreiben an das Gericht mitgeteilt, mit dem Gedanken zu spielen, „etwas zu sagen“. Und bereits im November 2011, als sie sich nach den Selbsttötungen von Mundlos und Böhnhardt der Polizei stellte, hatte sie zwar eine Aussage verweigert – gleichzeitig angekündigt: „Ich habe mich nicht gestellt, um nichts zu sagen.“

Ob ihr die Aussage noch hilft, bleibt abzuwarten. Um strafmildernd zu wirken, müsste diese umfassend sein und sich nicht nur auf Teilaspekte beschränken. Die schriftliche Einlassung deutet aber daraufhin, dass Zschäpe keine Nachfragen beantworten wird. Die Folgen ihrer Aussage sind noch nicht absehbar: Möglicherweise müssen nochmals Zeugen geladen werden, um die Angaben zu prüfen.

Sicher ist nur: Der Prozesstag am Mittwoch dürfte so gut besucht sein wie kaum ein anderer in dem seit zweieinhalb Jahren laufenden Mammutprozess.

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7 Kommentare

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  • Der Prozess vor einer Wende? Man wird sehen. Ein umfassendes Geständnis dürfte kaum zu erwarten sein - und sich bei einer derartigen Mordserie aus Fremdenhaß wohl nicht strafmildernd auswirken.

     

    Warten wir's ab.

    • @Spitzbube:

      Der Z. wird nicht mal vom GBA eine unmittelbare Tatbeteiligung vorgeworfen.

       

      Die bisher allerdings auch den "Uwes" nur unterstellt, aber nicht nachgewisen ist.

      • @KarlM:

        Selbst die GBA geht doch mittlerweile nicht mehr von Familienstreitigkeiten mit Todesfolge, tragischen Unfällen, oder kollektiven Selbstmorden aus.

  • Zahlreiche Indizien sprechen dafür, daß im gesamten NSU-Komplex (wozu der Prozeß selbst auch zählt), nur wenig ohne Mitwirkung der Geheimdienste geschieht (zu denen ich BKA und ggf. die Staatsschutzabteilungen der LKAs hinzuzähle). Damit ist nicht gesagt, daß diese Dienste alles in der Hand hätten, daß sie gegen jegliche Überraschung gefeit seien oder ihnen die Dinge nicht auch aus dem Ruder laufen könnten. - Aber die Ankündigung der Zschäpe-Aussage macht mich - unter diesen Voraussetzungen - skeptisch. Werden wir tatsächlich die "ganze Wahrheit", zumindest aus Zschäpes Sicht, erfahren? Oder ist es nur ein neuer Deal, um am Leben bleiben zu können, nachdem der Schweige-Deal nicht mehr aufrecht zu erhalten ist? Eine Version des Geschehens, die an die vielen Widersprüche angepaßt wird, die seit 2011 zu Tage getreten sind? (Für ein abgesprochenes Vorgehen spricht sehr, daß sie ihre Einlassungen lediglich verlesen lassen will.) - Nach allen "unheimlichen" Seltsamkeiten in dieser Sache (Aktenverweigerungen und -vernichtungen, Zeugensterben, eng begrenzte Aussagegenehmigungen von Staatsdienenern vor Gericht und PUAs) liegt die Vermutung nahe, daß Zschäpe nicht die volle Wahrheit sagen wird. Anderenfalls würde sie den Gerichtstermin am Mittwoch wohl nicht mehr erleben.

    • @Albrecht Pohlmann:

      Ein sehr treffender Kommentar.

      Wenn Frau Zschäpe, so wie es sich derzeit darstellt, massgeblich an den Aktionen der NSU beteiligt war, kann man bei ihr von einer Gesinnungstäterin sprechen.

      Die Verweigerung von jeglicher Aussage macht somit aus ihrer Sicht nur wenig bis gar keinen Sinn. Es sei denn es wird massiver Druck auf sie ausgeübt.

      • @Power Of Each:

        "Sich darstellt" oder "dargestellt wird"?

         

        Aus den einsehbaren Fallakten, Gutachten etc läßt sich das derzeit nicht stützen.

  • Noch ist ja nicht Mittwoch und wer von Ihrer "Aussage" wirklich Erhellendes und Umfassendes erwartet, freut sich sicher auch schon riesig auf den Besuch des Weihnachtsmanns. Man will den Prozess mit Rücksicht auf die Einnahmen der Anwälte noch ein wenig in die Länge ziehen - das ist alles.