Peiner Tierheim macht dicht: Kein Platz für gefährliche Hunde

Das Tierheim Peine nimmt wegen zu hoher Kosten keine gefährlichen Hunde mehr auf. Tierschutzvereine beklagen, immer mehr Tiere seien unvermittelbar.

Schwer vermittelbar: Landen gefährliche Hunde im Tierheim, will sie oft keiner mehr haben. Foto: Ulrich Perrey/dpa

Das Tierheim Peine macht dicht: Es nimmt keine vom Veterinäramt als gefährlich eingestuften Hunde mehr auf. „Die sind fast nicht vermittelbar“, sagt Tierheimleiterin Elke Maschnitza. Niemand wolle einen Hund adoptieren, der einsam mache. Die Tiere müssten einen Maulkorb tragen und immer an der Leine gehen. „Da kommt ihnen auf der Straße niemand mehr entgegen“, sagt Maschnitza. Seit Einführung des neuen Hundegesetzes im Jahr 2011 stuften die Behörden immer mehr Hunde als gefährlich ein, sagt die Tierschützerin.

Durch Zahlen des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums belegt ist das nicht. Es gibt auch keine Vergleichswerte, nur Zahlen für 2015. Ende Juni waren von 235.000 registrierten Hunden 189 als gefährlich eingestuft. Doch auch Vera Steder, die niedersächsische Landesvorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes, hat den Eindruck, dass mehr Tiere betroffen und die Tierschutzvereine mit den Kosten überfordert sind. Die Hunde belegten ihr Leben lang die ohnehin überfüllten und oft unterfinanzierten Tierheime, sagt Steder.

Schuld ist ihrer Meinung das Hundegesetz. Dieses gilt eigentlich auch unter Tierschützern als vorbildlich, denn es macht die Gefährlichkeit von Hunden nicht mehr an der Rasse fest. Als gefährlich gelten Hunde nun, wenn sie eine gesteigerte Aggressivität aufweisen und etwa einen Menschen oder ein anderes Tier gebissen haben. „Doch die Folgen des Gesetzes waren damals nicht absehbar“, so Steder.

Bis heute gebe es zur Beurteilung der Gefahr, die von einem Tier ausgehe, keinen genauen Kriterienkatalog für die Behördenmitarbeiter. „Nur weil ein Hund eine Rauferei angefangen hat, ist er aber nicht gefährlich“, sagt Steder. Und auch wenn ein Hund einen Menschen gebissen habe, müsse die konkrete Situation bewertet werden. „Der Hund kann sich bedroht gefühlt haben“, sagt Steder. Oftmals träfen die Behörden jedoch Fehlurteile.

Das niedersächsische Hundegesetz trat 2011 in Kraft. Seither müssen Hundehalter ihre Sachkunde nachweisen, also quasi einen Hundeführerschein machen.

Als gefährlich gelten seither nicht mehr einzelne Rassen, sondern Hunde, die eine gesteigerte Aggressivität aufweisen, Menschen oder Tiere gebissen, eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt haben oder von ihren Besitzern abgerichtet wurden.

Hundehalter müssen eine Erlaubnis beantragen, um ihr Tier behalten zu können. Wird die erteilt, dürfen nur sie den Hund an der Leine führen.

Maulkorb und Wesenstest für den Hund sowie ein polizeiliches Führungszeugnis der Halter sind ebenfalls Pflicht.

Ein Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums sieht das anders: Die Bissigkeit eines Hundes sei in der Regel ein nicht mehr artgerechtes Verhalten – und damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Dies gehe aus dem Hundegesetz hervor. Einen Kriterienkatalog für die Behördenmitarbeiter hält der Ministeriumssprecher deshalb nicht für notwendig.

Für die Besitzer bedeutete die Einstufung oftmals, dass sie ihren Hund nicht mehr halten können, sagt Steder. In Niedersachsen liegt die jährliche Hundesteuer je nach Kommune zwischen 30 und 160 Euro. Für einen gefährlichen Hund zahlen die Halter schnell zwischen 200 und 800 Euro. Hinzu kommen höhere Sätze bei der Haftpflichtversicherung sowie Kosten für einen Wesenstest und die eigene Sachkundeprüfung.

Werden die Besitzer diesen Voraussetzungen nicht gerecht, beschlagnahmen die Ordnungsbehörden oder Veterinärämter die Hunde – und müssen sie unterbringen. „Das macht vielen Tierheimen Probleme“, sagt Steder. Nicht immer übernähmen die Kommunen auch die entstehenden Kosten. „Das hängt ganz von den Verträgen ab, die die Tierheime mit den Behörden schließen“, sagt sie. In Nordheim etwa zahlt die Stadt laut Hannoverscher Allgemeiner Zeitung nicht für die höheren Unterbringungskosten gefährlicher Hunde und auch das Tierheim Braunschweig bleibt auf den Kosten für einen angeblich gefährlichen Schnauzer-Mischling sitzen.

Maschnitza vom Peiner Tierheim ärgert das: „Da wird ein Gesetz beschlossen und dann werden die privaten Tierheime damit alleingelassen.“ Auf eigene Kosten aufnehmen will sie keine gefährlichen Hunde mehr. Jetzt müssten sich eben die Behörden etwas ausdenken, wo sie mit den Hunden blieben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.