Kommentar Urteil ukrainischer Regisseur: Bravo, Putin!
Russland hat gegen den Ukrainer Oleg Senzow mal wieder sein „rechtsstaatliches“ Programm abgespult. Folter inklusive. Beweise? Unwichtig.
B ravo, Wladimir Putin! Mit dem Urteil gegen den ukrainischen Regisseur Oleg Senzow muss jetzt dem letzten Zweifler klar sein, dass die völkerrechtswidrig annektierte Krim wirklich zu Russland gehört. 20 Jahre Strafkolonie für Senzow. Immerhin drei Jahre weniger als von der Staatsanwaltschaft gefordert, aber Terrorismus ist ja auch kein Kavaliersdelikt.
Das Dumme ist nur: Keine der abstrusen und kruden Beschuldigungen konnten durch Beweise belegt werden. Aber das ist bei anderen politisch motivierten Prozessen in Russland Standard. Ansonsten wurde das ganze „rechtsstaatliche“ Programm abgespult, inklusive ein bisschen Quälerei der Häftlinge in Untersuchungshaft. Das soll die Angeklagten brechen oder zumindest so weit gefügig machen, dass sie ihre Mitangeklagten belasten. Dabei könnten sich die Folterknechte dererlei Mühe auch sparen, da das Verdikt ja von vornherein feststeht.
Die Causa Senzow soll jedoch noch einen anderen Zweck erfüllen: Die Verurteilung des Filmemachers und seines Mitangeklagten ist eine unverhohlene Warnung an all jene Bewohner der Krim, die sich mit dem „freiwilligen Beitritt“ zur Russischen Föderation partout nicht abfinden wollen und das offen aussprechen. Wer die Wahl zwischen öffentlichen Unmutsbekundungen und Knast – zumal einem russischen – hat, zieht es dann vielleicht doch vor, zu schweigen.
Man darf gespannt sein, wer auf der Krim als Nächstes dran glauben muss. Potenzielle Kandidaten gibt es viele, allen voran die Tataren. Die werden schon jetzt immer häufiger Opfer von Repressionen. Doch jetzt kommt erst einmal die ukrainische Pilotin Nadeschda Sawtschenko an die Reihe. Sie soll angeblich für den Tod zweier russischer Journalisten verantwortlich sein. Bei einer Verurteilung droht auch ihr eine lange Haftstrafe. Die Beweislage ist dünn. Aber was macht das schon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers