Generalbundesanwalt Range: Kein Grund für neue NSA-Ermittlungen
Die neuen Wikileaks-Enthüllungen reichen nicht aus, um neue Ermittlungen in der NSA-Äffäre einzuleiten. Man brauche „gerichtfeste Beweise“.
Hamburg afp | Generalbundesanwalt Harald Range sieht trotz neuer Dokumente der Enthüllungsplattform Wikileaks derzeit keinen Grund für neue Ermittlungen zum mutmaßlichen Spionageangriff des US-Geheimdienstes NSA auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und andere Regierungsmitglieder. „Wir brauchen gerichtsfeste Beweise“, sagte Range der neuen Ausgabe des Magazins Spiegel. „Was bislang vorliegt, reicht noch nicht.“
Medien hatten zuletzt unter Berufung auf Wikileaks-Dokumente berichtet, das Ausmaß des US-Lauschangriffs auf die Bundesregierung sei noch deutlich größer als bisher angenommen. Neben Merkels Regierung seien auch die Regierungen ihrer Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) und Helmut Kohl (CDU) betroffen gewesen. Zudem soll Wikileaks zufolge auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) von der NSA abgehört worden sein. Zuvor hatte Wikileaks bereits zahlreiche Spähziele der NSA im Kanzleramt und in Bundesministerien veröffentlicht.
Range vertrat die Auffassung, es müsse sich erst noch zeigen, ob die Dokumente auch echt seien. Neue Ermittlungen kämen infrage, „wenn wir auch beweiskräftige Dokumente erhielten, vielleicht eine Protokollabschrift eines konkreten Telefongesprächs zwischen Frau Merkel mit irgendjemandem“, sagte Range. Ein belastbarer Beweis wäre, wenn „wir das in amerikanischen Unterlagen finden würden, vielleicht noch garniert mit Randbemerkungen oder dem Hinweis, bitte dem Vorgesetzten Sowieso vorlegen“.
Sollte Wikileaks über entsprechende Dokumente verfügen, solle die Enthüllungsplattform sie vorlegen. „Das wäre schön. Her damit“, sagte Range. Ob ausländische Geheimdienste millionenfach deutsche Staatsbürger ausspionieren, werde weiter geprüft, sagte der Generalbundesanwalt. „Inzwischen sind mehr als 3.000 Strafanzeigen dazu eingegangen. Soweit wir da etwas Konkretes herausschälen können, gehen wir den Verdachtsmomenten nach.“
Leser*innenkommentare
wxyz
Stimmt, es muß erst noch festgestellt werden, ob die Dokumente auch echt sind. Und wenn die Echtheit festgestellt ist, dann muß erst noch festgestellt werden, ob sich die Gutachter auch nicht geirrt haben. Und anschließend muß erst noch festgestellt werden ......
Vielleicht wäre es besser, stattdessen einfach nur festzustellen, daß die Regierungsmitglieder mitsamt ihren Anhängen ungeeignet für ihre Ämter sind.
Jörg Prüß
Was kann man von jemandem erwarten der NSA und NSU nicht auseinander halten kann, wie vor einigen Monaten auf einer Pressekonferenz!
Tobias Droste
Wer hat noch das Gefühl, dass dieser Mann NICHT Deutsche Interessen vertritt?
Der Sizilianer
Glückwunsch, Herr Range: Dank Ihnen erleben wir hier und heute eine ganz neue Qualität des Drei-Äffchen-Prinzips.
"Die Stellung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof weist eine statusrechtliche Besonderheit auf. Der Generalbundesanwalt ist "politischer Beamter" (§ 54 Abs. 1 Nr. 5 BBG). Die beamtenrechtlichen Bestimmungen sehen vor, dass er sich in Erfüllung seiner Aufgaben in fortdauernder Übereinstimmung mit den für ihn einschlägigen grundlegenden kriminalpolitischen Ansichten und Zielsetzungen der Regierung befindet. Er kann jederzeit ohne nähere Begründung in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden."
Quelle: https://www.generalbundesanwalt.de/de/stellung.php
mowgli
@Der Sizilianer Ganz genau dafür liebe ich das Internet! Danke, SIZILIANER. Nun sollte eigentlich auch dem letzten Trottel klar sein, wieso ausgerechnet in diesem Fall noch vor der Ermittlung der Beweis vorgelegt werden soll.
Jared J. Myers
Interessant. "Gerichtsfeste Beweise" verlangen, bevor man zu ermitteln beginnt - mit dieser Philosophie kann man alle Spurensicherungs-Spezialisten und Forensiker 'rausschmeißen und damit viel Geld sparen.
KarlM
"gerichtsfeste Beweise"?
Soll der GBA diese doch erstmal im Verfahren gegen die Z. beibringen!