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Schwarzer Freitag in Rafah

ISRAEL Amnesty International veröffentlicht eine Untersuchung der letzten Tage des Gazakriegs 2014. Damals starben nach dem Verschwinden eines Soldaten 135 Zivilisten

Aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) wirft Israel Kriegsverbrechen vor. Die israelische Armee habe „aus Vergeltung für die Geiselnahme eines israelischen Soldaten“ gehandelt, heißt es in einem am Mittwoch in Jerusalem veröffentlichten Bericht zu den letzten Kriegstagen in der Stadt Rafah im Süden des Gaza­streifens.

Der Bericht stützt sich auf Analysen, die mit Hilfe der Organisation „Forensic Architecture“ erstellt wurden. Anhand von Satellitenmaterial, Aufnahmen der Armee, Medienberichten und Zeugenaussagen konnte der israelische Architekt Eyal Weizman mit dieser Methode die Entwicklungen während des Krieges vor einem Jahr einordnen und zurückverfolgen. „Wir können beweisen, welche Bomben zu welchem Zeitpunkt eingesetzt wurden.“

Rafah wurde am 1. August 2014 zum Schauplatz heftigster Angriffe der israelische Armee. „Schwarzer Freitag: Blutbad in Rafah während des Israel-­Gaza-Konflikts 2014“, betitelte AI den letzten von insgesamt fünf Berichten über den Krieg, der nun online inklusive mehrerer Videofilme und Computersimulationen abrufbar ist.

Ausgelöst wurden die Angriffe durch die angebliche Entführung des Soldaten Hadar ­Goldin und der anschließend von den Militärs verfolgten „Hannibal-Direktive“. Hauptziel der Mission der Einsatztruppen war es, mit allen Mitteln den gefangenen Kameraden zu befreien, selbst wenn dadurch die Geisel selbst oder andere Soldaten in Gefahr geraten sollten. Goldin wurde am Abend des Folgetages nach seinem Verschwinden für tot erklärt.

Der vor einigen Monaten veröffentlichte Bericht des UN-Menschenrechtsrats zum Gazakrieg hielt bereits fest, dass, „wenn es um das Leben eines Soldaten geht oder die Gefahr besteht, dass ein Soldat gefangen genommen wurde, die ­(israelischen) Truppen die grundlegensten Prinzipien der Kampfführung ignorieren“. In Rafah wurden ganze Stadtviertel abgeriegelt, nachdem Goldin für vermisst erklärt wurde, „offenbar, um die Geiselnehmer daran zu hindern, mit ihrem Gefangenen zu entkommen“. Innerhalb von vier Tagen starben 135 palästinensische Zivilisten, davon 75 Kinder.

Mit der jetzt veröffentlichten deutlich umfangreicheren Analyse verdichtet sich der Verdacht, sagt Saleh Hijazi von AI Israel, dass es in Rafah Verbrechen gegen die Menschlichkeit gab. Kurz zuvor hatten sich beide Kriegsparteien auf eine Feuerpause verständigt.

Hijazi berichtet von einem Krankenwagen, der unter Beschuss geriet und explodierte, als er eine Mutter und drei Kinder transportierte. Alle Insassen seien dabei gestorben. Obwohl die Armee zunächst davon ­ausging, dass Goldin noch in einem der Tunnel zwischen Israel und dem Gazastreifen festgehalten wurde, habe die Luftwaffe Straßenkreuzungen bombardiert.

Laut AI ist jetzt der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag gefragt

Auch nachdem Goldin für tot erklärt wurde, seien die Bombardierungen nicht eingestellt worden. Laut AI ist jetzt die internationale Gemeinschaft und der Strafgerichtshof in Den Haag gefragt. Nach Veröffentlichung des Berichts „kann keiner mehr ­sagen, er weiß nicht, was dort passiert ist“, meinte Hijazi.

Mehr als 2.200 Palästinenser kamen im eineinhalb Monate langen Krieg ums Leben. Weit über die Hälfte der Opfer hatten mit den Kämpfen nichts zu tun.

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