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UN-Bericht zu sexuellem MissbrauchÜbergriffige Blauhelme

Blauhelme sollen mehr als 200 Frauen in Haiti sexuell ausgebeutet haben. Ein UN-Bericht spricht außerdem von einer hohen Dunkelziffer bei Missbrauchsfällen.

Der Bericht untersucht, inwieweit die Friedenssoldaten mit sexuellem Missbrauch und Ausbeutung umgehen. Foto: reuters

New York ap | Mitglieder einer Friedensmission der Vereinten Nationen haben laut einem neuen UN-Bericht mehr als 200 Frauen in Haiti sexuell ausgebeutet. Die Opfer sagten, sie hätten den sexuellen Handlungen zugestimmt, um Nahrungsmittel und Medikamente zu bekommen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass das Ausnutzen von Frauen durch Blauhelmsoldaten im Einsatz weiterhin deutlich viel zu selten gemeldet wird, wie aus einem der Nachrichtenagentur AP vorliegenden Report des UN-Büros für interne Aufsichtsdienste hervorgeht.

Der Entwurf des Berichts geht der Frage nach, inwieweit die Friedenssoldaten mit dem anhaltenden Problem von sexuellem Missbrauch und Ausbeutung umgehen. Zurzeit sind etwa 125 000 UN-Blauhelme auf der Welt im Einsatz. Die endgültige Fassung des Dokumentes soll noch im Juni veröffentlicht werden.

Unter den Ergebnissen findet sich unter anderem, dass ein Drittel der vermuteten sexuellen Übergriffe auf Minderjährige stattfand. Die Unterstützung für Opfer ist „schwer unzureichend“, heißt es. Verwirrung herrscht demnach oft, ob es sich um einvernehmlichen Sex oder Ausbeutung handelt.

Sex gegen Handys und Haushaltsartikel

Laut dem Bericht interviewten Ermittler vor einem Jahr 231 Personen in Haiti, die sagten, sie hätten sexuelle Beziehungen mit UN-Blauhelmen gehabt. „Für bäuerliche Frauen wurden Hunger, der Mangel einer Unterkunft, Babyfürsorgeartikel, Arzneimittel und Haushaltsartikel regelmäßig als „auslösende Bedürfnisse“ angeführt“, heißt es in dem Bericht. Frauen in Städten und Vororten hätten dagegen unter anderem Handys, Laptops, Parfüms und Geld bekommen.

Für den Fall, dass die Männer nicht zahlen wollten, hätten die Frauen die Abzeichen der Blauhelme einbehalten und gedroht, den sexuellen Kontakt in den Sozialen Netzwerken zu enthüllen. Wie viele Soldaten beteiligt waren, ist nicht klar.

Nach Angaben des letzten Berichts des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon lag die Zahl der gemeldeten Beschuldigungen von sexuellem Missbrauch und Ausbeutung gegen Mitglieder aller UN-Friedensmissionen 2014 bei 51. 2013 hatte sie demnach 66 betragen.

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1 Kommentar

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  • "Verwirrung herrscht demnach oft, ob es sich um einvernehmlichen Sex oder Ausbeutung handelt."

    Wo ist da die Verwirrung. Der Sex war einvernehmlich wird aber auf Grund der Zwangslage als Ausbeutung gesehen.

    Das wirft die Frage auf, wie sexuelle Beziehungen zwischen UN-Blauhelmen und der lokalen Bevölkerung einzustufen sind. Die Regeln sehen vor, dass sexuelle Kontakte zu Prostituierten und Minderjährigen verboten sind und von sexuellen Kontakten mit Hilfsempfängern stark abgeraten wird. http://www.un.org/en/peacekeeping/issues/cdu.shtml

    Hier handelt es sich daher vor allem um ein Verstoss gegen ein Verhaltenscodex, der den UN-Blauhelmsoldaten Enthaltsamkeit auferlegt um das Ausnutzen von Notlagen zu verhindern und Unparteilichkeit zu gewährleisten - nicht viel anders als das Zölibat der katholischen Kirche.

    Auf die Geschichte Deutschlands bezogen ist das vergleichbar mit den Beziehungen der US-GIs mit den "deutschen Fräuleins" und nicht mit den massenhaften Vergewaltigungen durch sowjetische Soldaten. Niemand wäre damals auf die Idee gekommen die deutschen Frauen, die sich mit US-Soldaten eingelassen hatten, als "Opfer" zu sehen.