Streit um Vermögensabgabe: Steuern für die Reichen

Der SPD-Chef Gabriel will die Vermögenssteuer, aber nur für Millionäre. Juso-Chefin Drohsel hingegen möchte sie weiter ausdehnen und Ökonomen warnen vor einer Kapitalflucht.

Neue linke SPD: Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel gehörte zu den stärksten Befürwortern der Vermögenssteuer. Bild: dpa

Etwa 100 Bundesbürger besitzen mehr als 1 Milliarde Euro Vermögen. Ungefähr 950.000 Haushalte verfügen über mindestens 1 Million Euro. Und immerhin 3 Millionen Haushalte, in denen rund 7,5 Millionen Personen leben, freuen sich über Kapital von mehr als 500.000 Euro.

Um diese Bevölkerungsgruppe geht es, wenn Politiker - wie die SPD bei ihrem Parteitag am Wochenende - über eine neue Steuer auf Vermögen reden. Der neue SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hält eigentlich nicht viel von der Idee. Dennoch konnten die Jusos sich mit der Forderung nach einer Wiedereinführung der Vermögensteuer durchsetzen.

Gleichwohl plädierte Gabriel auf dem Parteitag dafür, nur die Millionäre heranzuziehen. Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel kann sich dagegen vorstellen, den Kreis der Steuerpflichtigen weiter auszudehnen. Auch Linke und Grüne sprechen für die Einführung einer Vermögensteuer aus.

Attraktiv wäre es allemal, eine Vermögensteuer einzuführen. Der wichtigste Grund: Theoretisch lassen sich nennenswerte Einnahmen erzielen. Stefan Bach vom Institut für Wirtschaftsforschung rechnet mit Erträgen von "16 bis 21 Milliarden Euro" pro Jahr, wenn Vermögen über 500.000 Euro mit 1 Prozent belastet würden. In Deutschland summieren sich private Schätze dieser Größenordnung auf rund 2 Billionen Euro.

Auch eine Rechtfertigung für diesen Schritt gäbe es. Hat doch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) Deutschland geraten, den Anteil vermögensbezogener Steuern zu erhöhen. Denn hierzulande liegen sie bisher nur bei knapp 1 Prozent der Wirtschaftsleistung. In Ländern wie Luxemburg, Frankreich, Spanien und USA sind es 3, in Großbritannien sogar über 4 Prozent.

Bach sieht allerdings auch Probleme: "Hohe Steuersätze lösen Ausweichreaktionen aus" - sprich: Steuerhinterziehung und Kapitalflucht.

Einen Steuersatz von 50 Prozent aber hielt der ehemalige Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof für das Äußerste des Zumutbaren. Mit seinem Halbteilungsgrundsatz legte das Gericht 1995 fest, dass jeder Steuerbürger die Hälfte seines Einkommens behalten dürfe. Die aktuelle Relevanz dieses Grundsatzes ist unter Juristen und Politikern freilich umstritten. Das Bundesverfassungsgericht selbst hat ihn teilweise in Frage gestellt.

Bestimmte Nachteile gibt es allerdings bei jeder Steuer. Einerseits stellt Ökonom Bach fest, dass viele andere Staaten besonders hohe Einnahmen mit der Grundsteuer erzielen. In Deutschland kommt auch dabei wenig herein, weil die Grundstücke noch auf Basis alter Berechnungen aus den Sechziger-, zum Teil sogar den Dreißigerjahren bewertet werden. Hier wäre also Spielraum, um ein paar Milliarden Euro loszueisen. Andererseits trifft die Grundsteuer nicht nur die Immobilienbesitzer. Diese neigen dazu, ihre höheren Kosten an die Mieter durchzureichen.

Wenn man die Vermögen- und Grundsteuer für zu problematisch und umstritten hält - was kann man dann tun, um Vermögen stärker zu besteuern? DIW-Forscher Stefan Bach plädiert dafür, die niedrige Abgeltungsteuer für Kapitalerträge (25 Prozent) wieder auf das höhere Niveau der Einkommensteuer anzuheben (bis zu 45 Prozent). Tatsächlich ist es sehr schwer zu begründen, warum Kapital neuerdings niedriger besteuert wird als Arbeit.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.