Wohnen im Bauwagen: Festgefahrene Fronten

Der Streit um die Bauwagengruppe "Zomia" geht weiter: Der Bezirk Mitte besteht auf einer Räumung. Grüne fordern Moratorium durch die Bürgerschaft.

Ein Zuhause, das vielleicht bald weiterrollen muss: Bauwagenbewohnerin der Gruppe Zomia in Wilhelmsburg. Bild: Hendrik Doose

HAMBURG taz | Die Zukunft der 15 BewohnerInnen des Bauwagenplatzes "Zomia" am Ernst-August Kanal in Wilhelmsburg ist weiter unklar. "Es bleibt dabei, die müssen am 30. April weg", sagt Lars Schmidt, Sprecher des Bezirksamt-Mitte.

Die GAL-Fraktion hat unterdessen für die Bürgerschaftsitzung am 21. April einen Antrag eingebracht, dass der SPD-Senat auf das Bezirksamt einwirken solle, die Allgemeinverfügung aufzuheben und eine Duldung des Zomia-Platzes bis Ende 2011 zu vereinbaren. "Wir sind zuversichtlich, dass der Antrag die Mehrheit findet", sagt GAL-Innenexpertin Antje Möller.

Die Bauwagengruppe befindet sich nach einer Odyssee durch Hamburgs Süden seit Anfang Dezember 2010 auf dem Terrain in Wilhelmsburg. Auf politischen Druck der örtlichen Bezirksgremien hatte Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) der Gruppe zugesagt, bis zum 30. April auf dem Areal im so genannten "Winterquartier" verbleiben zu dürfen.

Bis zu diesem Termin sollte eine langfristige Lösung für das alternative Leben in dieser Wohnform gefunden werden. Doch seit Wochen hatte es keine Gespräche und, bedingt durch die neue Konstellation wegen der Neuwahlen, kein behördliches Handeln mehr gegeben.

Letzte Woche schien Bewegung in die Sache zu kommen, als sich Schreiber mit der Gruppe traf. "Das Gespräch war ziemlich unerfreulich", berichtet ein Zomianer. "Der Inhalt war nicht überraschend, aber in der Form unerträglich". Schreiber habe ihnen gesagt, selbst wenn einzelne SPD-Bürgerschaftsabgeordnete bei dem GAL-Antrag umfallen, werde er in seinem Bezirk keine Wohnwagen dulden.

Auch Bezirksamtssprecher Schmidt unterstreicht, dass an der Räumung nach dem von Rot- Grün 1999 novellierten Wohnwagengesetz festgehalten werden solle. "Die haben nicht einmal die Duldungsvereinbarung unterschreiben wollen", sagt Schmidt. "Die Bauwagengruppe befindet sich demnach illegal auf dem Grundstück", ergänzt der Senat auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Karl-Heinz Warnholz.

Diese Duldungsvereinbarung, die ohnehin nur bis zum 30. April gegolten hätte, sollte jeder Zomianer einzeln unterzeichnen, damit die Behörden bei einer Räumung eine Vollstreckungsgrundlage haben. Das lehnte die Gruppe ab. "Eine neue Situation kann nur ein politischer Beschluss herbeiführen", sagt Schmidt.

"Der Senat hat sich noch nicht mit Thema befasst, wird das aber tun, wenn es die Bürgerschaft beschließt", erwidert Björn Marzahn, Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde. "Dann muss das Bauwagengesetz geändert werden."

Der Linkspartei geht der GAL-Antrag nicht weit genug. "Angesichts der drastischen Wohnungsnot in Hamburg sowie der seit Jahrzehnten praktizierten alternativen Lebens- und Wohnform auf Bauwagenplätzen steht dringender Bedarf, das alte Wohnwagengesetz zu liberalisieren", sagt der Landessprecher der Linkspartei, Herbert Schulz. Erst so könnten Bauwagenplätze "als dauerhafte Lebens- und Wohnperspektive legalisiert werden."

Die Zomia-Bewohner geben die Hoffnung nicht auf. Am 30. April werden sie gemeinsam mit Unterstützern für ihren Platz und den Erhalt der Roten Flora auf die Straße gehen: "Wir gehen nicht davon aus, dass wir geräumt werden", sagt eine Zomianerin, "aber wir bereiten uns mit anderen auf eine Räumung vor."

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