Religiöse Gewalt in Afghanistan: Fast 60 Tote bei Schiiten-Fest

Bei Attentaten gegen Schiiten sind in Kabul und Mazar-i-Sharif 60 Menschen getötet und hunderte verletzt worden. Die Taliban gehen offiziell auf Distanz.

Gezielte Anschläge auf Schiiten hat es bislang am Hindukusch noch nicht gegeben. Bild: dapd

KABUL taz | Bei einem Doppelanschlag auf schiitische Gläubige sind am Dienstag in Afghanistan mindestens 58 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt worden. Zunächst sprengten sich Selbstmordattentäter in Kabul in einer großen Menschenmenge vor einer schiitischen Moschee in die Luft, wenig später explodierte eine Fahrradbombe an einem Schrein in Masar-i-Scharif, im Norden des Landes, wo auch die Bundeswehr ein Feldlager hat.

Die Attentate zum Aschura-Fest schüren die Angst vor einer Eskalation religiöser Gewalt in Afghanistan. Solche gezielten Anschläge auf Schiiten hat es bislang am Hindukusch noch nicht gegeben.

Das Aschura-Fest ist ein offizieller Feiertag in Afghanistan. Schiiten gedenken an diesem Tag des Märtyrertodes von Imam Hussein, einem Enkel des Propheten Mohammed. Ein Sprecher der aufständischen Taliban verurteilte die Anschläge und machte den Westen für die Tat verantwortlich. Es sei das "brutale Werk unserer Feinde", erklärte Zabihullah Mudschahid.

Möglicherweise sind aber auch islamistische Terrorgruppen aus Pakistan für die Attentate auf die Schiiten in Afghanistan verantwortlich, die damit eine weitere Destabilisierung des Landes erreichen wollen. In Kabul wird darüber spekuliert, ob die Organisation Lashkar-i-Jhangvi, eine militante Organisation aus Pakistan, hinter den Anschlägen stecken könnte.

Die Mehrheit der Afghanen sind Sunniten. Die Schiiten sind zumeist ethnische Hazara, die während des Taliban-Regimes verfolgt wurden. Die Doppelanschläge einen Tag nach der wichtigen Afghanistan-Konferenz in Bonn unterstreichen auch die Sorge um die Zukunft des Landes nach dem Abzug der Nato 2014. Afghanistans Präsident Hamid Karsai erklärte, es sei "das erste Mal, dass an einem so wichtigen religiösen Feiertag in Afghanistan ein solch schrecklicher Terrorakt" verübt werde.

Der Anschlag vor der großen schiitischen Moschee im Murad-Khani-Viertel ist der schwerste in Kabul seit dem Attentat auf die indische Botschaft 2008. Nach Polizeiangaben starben mindestens 54 Menschen, darunter viele Frauen und Kinder. Über hundert Gläubige wurden verletzt. In Masar-i-Scharif wurden vor einem schiitischen Schrein vier Menschen von einer Bombe getötet. Auch in Kandahar, im Süden Afghanistans, explodierte ein Sprengsatz auf einem Parkplatz und verletzte einige Leute. Es ist unklar, ob auch diese Bombe schiitischen Pilgern galt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.