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Klimawandel und PsychologieHorrorszenarien fördern Depression

Die psychologische Dimension von Klimawandel und Peak Oil: Nur wer sich konkret auf Katastrophen vorbereitet, ist vor psychischem Leid geschützt.

Schmelzender Gletscher im Huascaran-Nationalpark in Huaraz, Peru Bild: reuters

Ob Überschwemmungen, Stürme oder Hitzeperioden – Experten sind sich einig, dass Naturkatastrophen durch den Klimawandel häufiger werden. Zudem sind die Öl- und Phosphatreserven endlich, auch dies könnte bei einer stetig wachsenden Weltbevölkerung zu Situationen führen, die nichts mehr mit unserer heutigen Zivilisation zu tun haben. Trotzdem verhalten sich nur wenige Menschen umweltbewusst. Psychologen, Pädagogen und Risikoforscher befassen sich daher immer häufiger mit der Frage, wie man dies ändern kann.

Ein Problem ist etwa, dass der Klimawandel noch kaum spürbar ist, so dass der Mensch eine „psychologische Distanz“ empfindet. Um diese Distanz zu überwinden, sind apokalyptische Ausführungen jedoch wenig hilfreich. Allzu drastische Prognosen, mit denen vor allem in den Anfängen der Umweltbewegung in den 1980er Jahren hantiert wurde, vergrößern nur die Hilf- und Tatenlosigkeit.

„Da Stabilität einer der fundamentalsten Wünsche jedes Menschen ist, werden Gedanken gern verdrängt, die Umbruchsituationen berühren“, liest man in einem Grundsatzpapier der Grünen in Sachsen. Und auch Florian Kaiser, Umweltpsychologe an der Universität Magdeburg, sagt: „Mit Bedrohungsszenarien erreicht man vermutlich kein Umdenken.“

Wer sich trotzdem eingehend mit den möglichen Folgen von Klimawandel und Peak Oil beschäftigt, der läuft hingegen Gefahr, depressiv zu werden, manche sprechen bereits von der „Doomer-Depression“. Diese psychische Störung resultiert laut dem Grünen-Papier aus individuell wahrgenommenen Ohnmachtsgefühlen.

Schwierig zu erreichen

Doch wenn Horrorszenarien nicht aufrütteln, wie kann dann ein umweltbewusstes Verhalten vermittelt werden? „Menschen tatsächlich umweltbewusster zu machen, ist sehr schwierig“, sagt Kaiser. Darum versucht die Politik bislang mittels umweltökonomischer Instrumente, das Verhalten zu steuern. Etwa indem der Benzinpreis erhöht wird oder Ökoprämien für energiesparende Haushaltsgeräte in Aussicht gestellt werden.

Kaiser hält diese Vorgehensweise jedoch für problematisch: „Wer sich nur wegen finanzieller Anreize umweltbewusst verhält, wird zwar reicher, verkonsumiert dieses zusätzliche Geld jedoch wieder, da das Energiesparen ja nicht aus einer inneren Überzeugung herrührt.“ Es ist also mit dem sogenannten Rebound-Phänomen zu rechnen, das schließlich das umweltschonende Verhalten wieder zunichte macht.

Wie ein ökologisches Bewusstsein herbeizuführen ist, ist bislang weitgehend unklar. Man weiß allerdings, dass sogenannte verträgliche Menschen leichter umzustimmen sind. „Prosoziale, hilfsbereite Menschen sind auch zugänglich für ökologische Argumentationen und dann auch eher bereit, sich für die Umwelt einzusetzen“, sagt Kaiser. Doch wer nicht zu den Altruisten zählt, ist nur schwierig zu erreichen.

Was den Nachwuchs prägt

Weltweit sind Wissenschaftler auf der Suche, wie eine für alle Menschen effektive Risikokommunikation aussehen könnte. So hat beispielsweise eine aktuelle Studie mit Vogelbeobachtern und Gartenbesitzern unter der Leitung von Janis Dickinson, Psychologin an der Cornell University, New York, ergeben: Werden Gefahren für den Menschen durch den Klimawandel beschrieben, führte dies nicht zu Verhaltensänderung bei den Probanden, wohl aber wenn die drastischen Konsequenzen für Vögel dargelegt wurden.

Leichter beeinflussbar sind Kinder. „Kinder übernehmen heutzutage erstaunlich viel in Sachen Ökobewusstsein von ihren Eltern“, erzählt Claus Tully, Soziologe am Deutschen Jugendinstitut. Wenn Eltern Strom sparen, Spielzeug reparieren, anstatt es gleich in den Müll zu werfen, Kleider secondhand kaufen und auch mal mit der Bahn in den Urlaub fahren, dann prägt das den Nachwuchs.

„Wichtig ist zudem, dass Kinder positive Umwelterfahrungen machen“, erklärt Kaiser. Denn Draußenspielen oder Wandern im Gebirge fördert die Motorik, die Denkfähigkeit und das Mitgefühl.

Dagegen sind rein kognitive Auseinandersetzungen mit der voranschreitenden Knappheit der Ressourcen und der Naturzerstörung keineswegs zielführend – nach 25 Jahren Umweltbildung in der Schule ist das Fazit ernüchternd: „Die ’Bildung für nachhaltige Entwicklung‘ hat keinen messbaren Effekt“, sagt Ulrich Gebhardt, Erziehungswissenschaftler an der Universität Hamburg.

Apokalyptische Visionen

Apokalyptische Visionen sind natürlich auch bei Kindern tabu, das hat man aus der Geschichte gelernt: Kinder, die mit Ozonloch, Waldsterben und Super-GAUs in Atomkraftwerken groß geworden sind, bescheinigte der Berliner Psychiater Horst Petri einst eine „vergiftete Kindheit“. Diese wurden nicht zu Weltrettern, sondern vielfach zu apolitischen Workoholics.

Die sogenannte Transition-Bewegung hat ihren ganz eigenen Weg gefunden, hier beschäftigt man sich dezidiert auch mit der psychologischen Dimension des Wandels. Die Initiativen bauen Städte, etwa Hannover oder Bielefeld, so um, dass sie nicht mehr von Erdöl oder Kohle abhängig sind. Anstatt Autos stehen hier Fahrräder in den Garagen, freie Flächen werden zu Stadtgärten umgemodelt, lokale Währungen eingeführt – Gemeinschaften sollen so resilient gegenüber dem Ölpreisschock gemacht werden, bei gleichzeitiger Erhöhung der Lebensqualität. Mittlerweile gibt es mehr als 4.000 solcher Initiativen in über 38 Ländern.

Und hier versucht man sich auf das Tun und auf positive Visionen zu konzentrieren. „Der innere und äußere Wandel hängen zusammen“, sagt Gerd Weßling, Mitbegründer der Transition Town Bielefeld. Darum gibt es in den Initiativen regelmäßige Treffen, oft gemeinsam mit Psychologen, bei denen die Mitglieder beispielsweise auch ihre eigene Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit laut zum Ausdruck bringen können.

Hohe Suizidrate

„Oft geht es darum, erst einmal den Schmerz angesichts der Umweltzerstörung anzuerkennen“, sagt Weßling. Die Bewegung beruft sich dabei teilweise auf die Tiefenökologie von Joanna Macy. Jede Gruppe vor Ort kann aber frei bestimmen, wie der innere Wandel unterstützt werden kann, die Bewegung ist völlig undogmatisch. „Die einen meditieren schweigend, andere tanzen, die dritten haben Gesprächsgruppen“, berichtet Weßling.

Evaluierende Studien gibt es dazu zwar bislang nicht, sicher ist aber, dass Menschen, die sich auf Katastrophen vorbereiten, auch im Fall der Fälle besser damit zurecht kommen. So hat etwa Japan nach dem verheerenden Tsunami im Jahr 2011 beeindruckend gezeigt, wie ein Land mithilfe von Katastrophenvorsorge sozusagen aus der Asche wiederauferstehen kann.

Auch in englischen Grundschulen gibt es mittlerweile Stunden, in denen die Kinder lernen, was etwa bei einem lang anhaltenden Stromausfall zu tun ist. Rob Hopkins, Gründer der Transition-Bewegung glaubt, dass für unvorbereitete Menschen der Schock umso größer sein wird. Er spricht von der „Post-Erdöl-Belastungsstörung“.

Entsprechende Erfahrungen haben bereits die Bewohner von Neuseeland und Australien gemacht. Die häufigen Dürreperioden, Waldbrände und Überschwemmungen der letzten Jahre haben viele Menschen, vor allem Bauern hart getroffen: Stress, Depressionen, Belastungsstörungen und Traumata sind die Folge. Die Zahl der Suizide unter männlichen Farmern in Australien ist beispielsweise immer direkt nach einer Dürre um 15 Prozent angestiegen.

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18 Kommentare

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  • ...wissen ist Macht, nichts wissen macht nichts...,

    oder wie J.Delay singt, wer weniger weiß,kann ruhiger schlafen...,

    • G
      git's_das
      @tomas:

      ...und, dass für Rohstoffbeschaffung Unfrieden geschürt, Kriege und 'Bürgeraufstände' initiiert werden, wird außer Betracht gelassen?

      ...und, dass für Absatzmärkte Unfrieden geschürt und 'Bürgeraufstände' initiiert werden, wird außer Betracht gelassen?

      ...und, dass wegen der Zins(Miss)wirtschaft das eigentliche, global-freundlich versorgende Wirtschaften in den Hintergrund gerät, wird außer Betracht gelassen?

      ...und, dass durch die derzeit ungleichen Löhne / Gehälter,.. ein ungleicher Wert für Zeit entsteht, und ungleiche Möglichkeiten der Einflussnahme, was wiederum Neid und Missgunst also Unfriede erzeugt wird, wird außer Betracht gelassen?

      ...und, dass durch ein Übermaß an Besitz verschwerisches Verhalten und Bedenkenlosigkeit gefördert wird, wird außer Betracht gelassen?

      ...und, dass durch die Mainsteam-Medien und unser Bildungssystem Menschen manipuliert werden, so, dass viele derer Nutzer/inn/en gewinnstrebend, selbstherrlich und nicht mehr an global-freundlichem Agieren, Verhalten und Wirtschaften orientiert sind, wird außer Betracht gelassen?

      ...und, dass durch die Mainsteam-Medien und unser Bildungssystem nicht ausreichend viele Menschen nicht ausreichend befähigt werden, sich selbst zu organisieren und regional selbstversorgende Wirtschaft zu realisieren und stabiele Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, wird außer Betracht gelassen?

      ... die Liste ließe sich sicher noch fortsetzen.

      Vielleicht fällt Ihnen ja noch etwas dazu Passendes ein?

  • U
    Udo

    Die "psychologische Distanz" ist kein "Problem", sondern die logische Reaktion auf den gesunden Menschenverstand, der uns sagt, dass ein Klimawandel nicht stattfindet und es auch keine Gruende gibt, warum in Zukunft ein slocher stattfinden sollte.

  • "Apokalyptische Visionen sind natürlich auch bei Kindern tabu, das hat man aus der Geschichte gelernt: Kinder, die mit Ozonloch, Waldsterben und Super-GAUs in Atomkraftwerken groß geworden sind, bescheinigte der Berliner Psychiater Horst Petri einst eine „vergiftete Kindheit“. Diese wurden nicht zu Weltrettern, sondern vielfach zu apolitischen Workoholics."

     

    Ich kann das leider so pauschaliert nicht sehen, denn ich kenne unter gleichaltrigen der "vergifteten" 80er Jahre sowohl politische wie auch apoltische Workaholics und auch pragmatische und engagierte Unweltschützer/innen, die ihr Leben gut auf die Reihe kriegen (und sogar Kinder in diese Welt gesetzt haben und setzen!) und keinerlei Umweltdepressiven.

     

    Es sind einfach alles unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Charakteren. Nicht mehr und nicht weniger!

  • I
    Ice66

    Wenn ich den Begriff "Umweltpsychologe" schon lese, wirds mir schlecht. Wir leben in einer freiheitlichen Gesellschaft. Psychologie ist wichtig, Massenpsychologische Phänomene mag es geben. Wenn sich aber "Umweltpsychologen" überlegen, wie sie Umweltbewußtsein zu einem massenpsychologischen Phänomen machen könnten, von dem die gesamte Welt mit seinen Milliarden von Menschen ergriffen wird, dann sollte "der Umweltpsychologe" sich nicht wundern, dass ich ab hier nun "Auf Wiedersehen" sage, obwohl der Klimawandel ein ernstes Thema ist. Darüber klärt man aber nicht dadurch auf, dass man psychologisch versucht einen Einfluss auf Menschen auszuüben, sondern indem man den aktuellen Kenntnisstand in der Klimatologie kommuniziert.

     

    "Wie ein ökologisches Bewusstsein herbeizuführen ist, ist bislang weitgehend unklar."

    Ich glaub mich tritt ein Pferd! Der Kerl merkt scheinbar nicht einmal wie propagandistisch solch eine Aussage ist! Ich würde es mal mit Information versuchen, anstatt mit Psychologie.

    • G
      Gaststar
      @Ice66:

      Die reine Information hilft leider auch nicht weiter, denn viele Menschen sind heute mit wissenschaftlichen Erkenntnissen überfordert, weil man damit nicht telefonieren oder im Internet surfen kann und Superstar wird man damit auch nicht. Also muss man denen mit psychologischen Strategien auf die Sprünge helfen, damit sie ohne kognitive Leistungen doch das angestrebte Verhalten zeigen und nicht nur die Playstation füttern.

  • D
    D.J.

    Apokalyptische Visionen erfüllen eine soziale Aufgabe: Sie fördern den Gruppenzusammenhalt. War immer so. Im Übrigen geben sie dem Angstwesen Mensch die Möglichkeit, nach der Ausrottung des Säbelzahntigers und anderer alltäglicher Bedrohungen frei umherschwirrende Ängste irgendwo anzudocken. Interessanterweise gab es zur Zeit echter existentieller Bedrohung, der Großen Pest Mitte des 14. Jh., kaum apokalyptische Bewegungen (den Flagellanten jener Zeit ging es eher um das persönliche Heil, nicht um den drohenden Weltuntergang).

  • Mein Gott, da quasselt man von einer "Post-Erdöl-Belastungsstörung", dabei wird insbesondere angesichts der Schieferölreserven immer fragwürdiger, wann das von den Öko-Apokalyptikern herbeigesehnte Peak Oil tatsächlich eintritt. Und wenn, dann gibt es einen sehr fließenden langsamen Übergang, da durch die steigenden Preise ein Umstieg auf andere Energien erfolgt. Mit irgendeiner Form von Schock ist da nicht zu rechnen.

  • SU
    sehr umweltbewusst

    Kindern und anderen leichtgläubigen Menschen das Umweltbewusstsein "einjagen" und ihnen schlechtes Gewissen machen kann jeder. Es wir allerdings nichts ändern, denn die Politik und die Industrie sind nur an ihrem Gewinn interessiert, nicht an der Umwelt. Und die haben gar kein (schlechtes) Gewissen dabei.

  • Vielleicht sollten, wenn Horrorszenarien Depressionen bedingen, alle Gewinne, die mit Medien erwirtschaftet werden, in die Depressionsbekämpfung fließen.

     

    Klingt für mich nach einer gerechten, sozialen und einfach vernünftigen Idee.

  • N
    NATURHEROS

    "Alles, was gegen die Natur ist hat auf Dauer kein Bestand" Charles Darwin.

    Das gilt auf für die Menschheit!

    • @NATURHEROS:

      Daher stellt sich mir schon lange die Frage, ob "Umweltschutz" vielleicht für die Erde kontraproduktiv ist und die "Krankheit" Mensch nur noch länger am Leben lässt...

    • @NATURHEROS:

      Sowieso, nichts währt ewig !

  • J
    Jim

    "Die Initiativen bauen Städte, etwa Hannover oder Bielefeld, so um, dass sie nicht mehr von Erdöl oder Kohle abhängig sind." Hab ich hier in Bielefeld noch nix von gehört oder gesehen.

  • NN
    nicht-Apolitischer nicht-Workaholic

    Als Kind der späten 70er bin ich mit all den Weltuntergangsszenarien aufgewachsen. Waldsterben, Atomtod, Ozonloch. In den letzten Jahren SARS, Schweinegrippe, Feinstaub, EHEC usw. Und natürlich der Klimawandel.

     

    Immer steht die Pandemie, das Massensterben, die Apokalypse kurz bevor, wenn man nicht bereut und umkehrt. Und nie passiert irgendetwas wirklich gravierendes.

     

    Ich habe in den 90ern einmal von Klaus Staeck gehört, "eine Organisation wie Greenpeace müsse auch lügen dürfen, um ihre Ziele zu erreichen." Vor kurzem hat der Spiegel einen "Klimapolitiker" mit den Worten zitiert, man müsse bewusst mit Angstmachen arbeiten.

     

    Liebe Grüne und andere Umweltbewegte, ich - und die allermeisten anderen Menschen - bin nicht völlig blöd. Ich sehe, dass Ihr Ziele verfolgt, denen ich nicht ablehnend gegenüber stehe.

     

    Aber hört auf, wie mittelalterliche Flagellanten durch die Gegen zu laufen und zu rufen "Tut Busse, das Ende ist nah!". Die Welt geht nicht unter, sie verändert sich nur, wie sie es immer getan hat. Die Veränderung kann man versuchen zu gestalten. Das ist Politik, die Kunst des Möglichen. Aber auch nicht mehr.

    • @nicht-Apolitischer nicht-Workaholic:

      Ist ja auch sonst nichts passiert, was hätte verhindert werden können.

      Artensterben, Tschernobyl,Exon-Valdez, Fukushima, Plastik im Ozean anstatt vieler Fische, Oel an der Südküste der USA, Atommüll in Majak und sonstwo, Urwälder venichtet...ect.

      Ach, ich lebe doch noch. Na dann is ja gut.

  • Der Autorin empfehle ich "Die Pest" von Alber Camus, alternativ die "Titanic". Auf dem Top-Deck herrschte Super-Stimmung!

  • K
    Klarsteller

    Wer eh depressiv ist, den kann man mit jedem Humbug in die Depression jagen.