Taliban in Pakistan: „Göttliche Chance“ vorerst vertan

Von Regierung und Taliban ernannte Verhandler komme nicht zusammen. Das bestärkt Zweifel, ob beide Seiten die Gespräche wirklich ernst meinen.

Die von den Taliban ernannten Verhandler, in der Mitte Maulana Sami Ul-Haq, nach dem vergeblichen Warten auf die Regierungsvertreter. Bild: reuters

BERLIN taz | Monatelang wurde über Friedensgespräche mit den pakistanischen Taliban (TTP) spekuliert. Doch nichts geschah. Dann ging es vergangene Woche plötzlich überraschend schnell. Der seit Juni amtierende Premierminister Nawaz Sharif ernannte eine vierköpfige Verhandlungsdelegation.

Die Taliban, die seit der Tötung ihres Anführers Hakimullah Mehsud durch eine US-Drohne im November Gespräche abgelehnt hatten, ernannten ihrerseits sofort fünf Personen, die für sie Gespräche führen sollen.

Am Dienstagnachmittag dieser Woche hatte es in Islamabad sogar schon das erste Treffen geben sollen. Doch die Regierungsseite tauchte nicht auf. Sie begründete dies mit Zweifeln am Mandat der Taliban-Delegation.

Diese war erbost, doch inzwischen eben auch auf drei Personen geschrumpft. „Es wäre besser gewesen, hätte die Regierungsseite uns getroffen. Es ist eine göttliche Chance, dass wir als Brücke zwischen Regierung und Taliban dienen“, sagte Maulana Sami Ul-Haq. Der Geistliche gilt als geistiger „Vater der Taliban“ und leitet deren Delegation.

Oppositionführer sagt ab

Zwei weitere islamistische Geistliche gehören ihr noch an. Auch ein islamistischer Politiker und der Oppositionsführer und Excricketstar Imran Khan, ein starker Befürworter von Gesprächen, sollte dabei sein.

Doch die Taliban hatten ihn nie gefragt. Offenbar ging es mehr um den Effekt als um substanzielle Gespräche. Khan sagte denn auch prompt ab, wohl auch, weil er ohnehin nichts erreichen kann.

Die Taliban-Delegation untersteht einer neunköpfigen Schura der Aufständischen, in der mehrere Kommandeure sitzen. Bisher gibt es keine Forderungen ihrer Seite.

Früher hatten die Taliban stets die Einführung der Scharia gefordert. Jetzt dürften sie vor allem daran interessiert sein, gefangene Mitkämpfer freizubekommen und die Armee von Angriffen abzuhalten. Sollten die Gespräche scheitern, können die Taliban die Schuld daran den Verhandlern geben.

Verhandler als mögliche Sündenböcke

Auch die Regierungsdelegation hat auffällig wenig Verbindungen zur offiziellen Politik. Zwei angesehene Journalisten, ein zur Opposition gehörender Exbotschafter sowie ein Exgeheimdienstler gehören dazu. Letzter steht der Regierung noch am nächsten.

Premierminister Sharif hatte die Gespräche vergangene Woche als „letzte Chance für den Frieden“ bezeichnet, zugleich aber auch gesagt, die „ganze Nation“ würde hinter einer Militäroffensive stehen, wenn die Gespräche scheitern.

Beobachter werten seine Verhandlungsinitiative als taktisches Manöver. Das sei nötig um nach einem zu erwartenden Scheitern der Gespräche militärisch und propagandistisch in die Offensive gehen zu können – und möglichst noch einige Gruppen aus der recht heterogenen TTP herausbrechen zu können.

Keine US-Drohnenangriffe mehr

Bisher sind in dem Konflikt rund 50.000 Menschen getötet worden. Nachdem bei Taliban-Attacken allein im Januar 110 Menschen starben, war eigentlich eine Militäroffensive erwartet worden. Doch nutzte Sharif die Idee von Verhandlungen auch, um bei den USA ein Aussetzen ihrer Drohnenangriffe im pakistanischen Stammesgebiet durchzusetzen.

Laut Washington Post hat es seit Dezember keine US-Drohnenangriffe in Pakistan mehr gegeben. Sharifs Regierung hatte die Tötung von TTP-Chef Mehsud durch eine US-Drohne als Angriff auf geplante Gespräche bezeichnet.

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