SPD greift Verteidigungsministerin an: „Ein bisschen weniger Fototermine“
Der Zustand des Bundeswehrmaterials ist bescheiden. Die SPD macht Ursula von der Leyen dafür verantwortlich. Die CDU stellt sich hinter die Verteidigungsministerin.
BERLIN dpa/afp/rtr | Die SPD-Spitze wirft Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine Vernachlässigung ihrer Arbeit vor. Er könne nur den dringenden Rat an die zuständige Ministerin geben, „ein bisschen weniger Fototermine zu machen und sich mehr mit dem Handwerk zu beschäftigen“, sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel am Montag nach einer Telefonkonferenz des Parteipräsidiums.
Es gebe kein zwingendes Geldproblem, sondern ein Managementproblem. Es stünden über 31 Milliarden Euro zur Verfügung, allein 2013 seien 1,5 Milliarden an den Bundeshaushalt zurückgeflossen, in diesem Jahr sei es voraussichtlich eine Milliarde. Deshalb lehnt die SPD die Forderung von der Leyens nach mehr Geld für den Wehretat strikt ab.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sage, dass die Industrie nicht schnell genug liefere. „Es ist mir am Ende wurscht, ich will, dass es funktioniert“, kommentierte das Schäfer-Gümbel. Mit dem vorhandenen Geld könne man seiner Aufgabe nachkommen. „Zwischen Anspruch und Wirklichkeit gibt es eine klare Lücke. Und dafür zuständig ist immer die politische Führung des Hauses“, sagte der SPD-Vize.
„Ich sehe Frau von der Leyen ständig auf Fotoreisen“, so Schäfer-Gümbel. Sie rede von Tabubrüchen und Paradigmenwechseln und mache flotte Sprüche. Und nun werde bekannt, dass Hubschrauber nicht flögen und Flugzeuge nicht einsatzbereit seien. Es gebe ein Problem in einem seit Jahren von der Union geführten Ministerium.
Trotz der Probleme sei die Bundeswehr bei den laufenden Einsätzen „voll dabei“, betonte hingegen die Ministerin am Montag im Deutschlandfunk. Wegen der Konzentration auf die Auslandseinsätze, wo die Bundeswehr wie in Afghanistan „hochgeschützt und hochmodern ausgerüstet“ sei, sei aber „in den letzten Jahren der Unterbau wenig beachtet und einfach beiseite geschoben worden“. Ersatzteilbeschaffung, Wartung und Instandsetzung seien in den vergangenen Jahren zu sehr runtergefahren worden, und „da staut es sich jetzt“, sagte die Ministerin.
Attraktivität geht vor
Es handele sich um eine „richtig große Baustelle“, räumte sie ein. Die Probleme, „die sich über Jahre aufgestaut haben, lassen sich nicht auf einen Schlag lösen“, fügte sie hinzu. Von der Leyen verteidigte zugleich ihre Entscheidung, sich zu Beginn ihrer Amtszeit zunächst um die Attraktivität der Bundeswehr gekümmert zu haben. „Sie können keinen Einsatz fahren ohne Soldaten.“
Rückendeckung erhält die Ministerin indes von Spitzenpolitikern ihrer Partei. Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt den Umgang von der Leyens mit den Ausrüstungsproblemen: „Sie legt die Dinge auf den Tisch, sie schafft einen Überblick über die Lage, wie sie ist“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. „Das ist die Voraussetzung dafür, dass man Probleme, die sich eben auch über viele Jahre ergeben haben, dann auch aufarbeiten kann. Das hat (...) die Unterstützung der gesamten Bundesregierung.“
„Man kann das Ganze nicht auf Frau von der Leyen abladen“, sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier am Montag in Berlin. Die Probleme seien über viele Jahre entstanden. Die rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende und CDU-Vize Julia Klöckner sagte, es gebe nicht „einen Schuldigen“.
Unpopuläre Maßnahmen
„Auch die Industrie muss ihre Zusagen einhalten“, verlangte sie. Zudem müssten die Prüfkontrolle für Material innerhalb der Bundeswehr verändert werden. EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) sprach ebenfalls von einem Problem, das über Jahre entstanden sei. „Mehr Mittel für Verteidigung waren nicht populär.“
Bei der Bundeswehr sind derzeit zahlreiche Hubschrauber und Transportflugzeuge aufgrund technischer Mängel nicht einsatzbereit. Probleme gibt es auch bei Kampfjets der Typen Eurofighter und Tornado, bei gepanzerten Fahrzeugen und weiterem Gerät. Die Mängellisten waren in der vergangenen Woche Thema im Verteidigungsausschuss des Bundestags. Am Montag soll ein zu Beginn des Jahres von von der Leyen in Auftrag gegebener Bericht einer Unternehmensprüfungsgesellschaft vorliegen, der sich mit den Problemen bei der Rüstungsbeschaffung befasst.
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