Maas entschärft Gesetzentwurf: Nacktbilder nicht generell strafbar
Wegen der Edathy-Affäre sollte das Sexualstrafrecht reformiert werden. Kurz vor der Verabschiedung schwächte Justizminister Maas den Gesetzentwurf ab.
BERLIN afp | Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat seinen Gesetzentwurf zum strengeren Umgang mit Nacktbildern kurz vor der Verabschiedung im Bundestag abgeschwächt. Künftig werde die unbefugte Verbreitung von Bildaufnahmen unter Strafe stehen, wenn dies dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich schadet, erklärte Maas am Dienstag in Berlin. „Sozial übliches und alltägliches Verhalten“ müsse aber straffrei bleiben.
Daher sei es sinnvoll, nicht bereits wie zuletzt geplant die unbefugte Herstellung von Nacktbildern unter Strafe zu stellen, hieß es weiter. Erst wenn diese Bilder unbefugt verbreitet werden, liege ein strafwürdiges Verhalten vor. Denn „mit der Verbreitung befinden sich die Bilder oft jahrelang im Netz und können eine große Belastung für jeden Betroffenen sein“, sagte Maas.
Das unbefugte Fotografieren unbekleideter Personen soll nun doch nicht generell strafbar werden, wie eine Sprecherin von Maas in Berlin bestätigte. Stattdessen solle nur noch die Herstellung von Aufnahmen nackter Kinder und Jugendlicher geahndet werden – und auch dies nur, wenn die Bilder gemacht werden, um sie zu verkaufen oder in Tauschbörsen anzubieten. Und die Verbreitung solcher Bilder soll nur unter Strafe gestellt werden, wenn sie wirklich unbefugt ist. Wenn die Eltern der Verbreitung zustimmen, liegt demnach kein Verstoß gegen das Gesetz vor.
Auch die Weitergabe von Nacktbildern von Erwachsenen soll künftig nicht mehr generell strafbar sein. Dies soll nur noch für Nacktbilder gelten, die dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich schaden können. Auch die Verbreitung von Fotos, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen, soll geahndet werden. Mit den Angaben bestätigte die Sprecherin einen Bericht der Süddeutschen Zeitung vom Dienstag.
Reaktion auf den Fall Edathy
Am Mittwoch berät der Rechtsausschuss über das neue Sexualstrafrecht. Billigt er die neuen Änderungen von Maas, kann das Gesetz wie geplant am Donnerstag beschlossen werden.
Die strengeren Regeln zu Nacktbildern waren eine Reaktion auf den Fall des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy. Er hatte Nacktbilder von Jungen gekauft, die nach bisheriger Rechtslage die Strafbarkeitskriterien nicht erfüllen. Inzwischen ist Edathy aber wegen später gefundener Aufnahmen angeklagt, die nach Darstellung der Ermittler pornografischen Charakter haben und damit strafwürdig wären.
Ein weiterer Gesetzentwurf von Maas, der ebenfalls am Donnerstag zur Abstimmung steht, sieht vor, dass die strafrechtliche Verjährung bei Sexualdelikten erst mit Vollendung des 30. Lebensjahrs des Opfers beginnt. Damit können alle schweren Sexualdelikte zukünftig nicht mehr vor der Vollendung des 50. Lebensjahrs des Opfers verjähren. Zudem werden die Mittel für das Präventionsnetzwerk „Kein-Täter-Werden“ in diesem Jahr um 148.000 Euro auf 535.000 Euro aufgestockt. Für 2015 ist eine weitere Erhöhung auf 560.000 EUR und für 2016 auf 585.000 EUR vorgesehen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott